Symptothermale Methode, NFP, NER? Die natürliche Verhütung ist mittlerweile voll im Trend. Ganz ohne Hormone oder Spiralen zu verhüten, hat schon was für sich. Je bekannter die natürliche Verhütung jedoch wird, desto verwirrender wird es, denn es gibt nicht die eine Symptothermale Methode, sondern einige.

Für mich persönlich entstand diese ganze Verwirrung erst in den letzten Jahren. Seit dem natürliche Verhütung immer mehr Gefallen findet, gibt es sehr viele Apps, Zykluscomputer, Facebook-Gruppen, Foren und Bücher. Irgendwann verliert man völlig den Überblick. Beispielsweise wird häufig von NFP und NER gesprochen. Aber was ist das genau, was sind die Unterschiede und was meinen immer alle mit „regelkonform“?

Symptothermale Methode

Das Prinzip der Symptothermalen Methode besteht darin, dass sich durch die Veränderungen im weiblichen Zyklus der eintretende Eisprung erkennen lässt und somit die Tage des Monats, in denen eine Befruchtung möglich ist. So kann man die fruchtbaren Tage (Überlebensdauer der Spermien eingerechnet) auf ca. 5 – 7 Tage pro Zyklus ermitteln. Um diesen Zeitraum möglichst genau zu bestimmen, kombiniert man die Auswertung der wichtigsten Körperzeichen (sympto-), wie Zervixschleim und/oder Muttermundbeschaffenheit, und die Körpertemperatur (-thermal). Daher auch der Name.

Das Ziel dieser Methode ist also, das kurze Zeitfenster der Fruchtbarkeit genau zu bestimmen. Während dieses Zeitfensters kann dann zusätzlich verhütet werden. Vor und nach der fruchtbaren Zeit kann ohne Zusatz gekuschelt werden.

Fruchtbarkeit – Eizelle – Spermien

In etwa der Mitte des Zyklus erfolgt der Eisprung (Ovulation), bei dem die Eizelle in den Eileiter übergeht und für ca. 12 bis 18 Stunden befruchtungsfähig ist. Kommt es in dieser Zeit zu keiner Befruchtung durch ein Spermium, stirbt die Eizelle ab, und es kann zu keiner Schwangerschaft kommen. Spermien können in der Gebärmutter oder im Gebärmutterhals ca. 3 bis 5 Tage überleben. Das bedeutet: Eine Befruchtung kann nur 5 Tage vor und maximal 18 Stunden nach dem Eisprung stattfinden.

It’s all about the Rules

Um mit der Symptothermalen Methode richtig zu verhüten, muss man natürlich genau wissen, wie man die fruchtbaren Tage seines Zyklus bestimmt. Hierzu müssen die Temperatur und die Symptome richtig ermittelt, gedeutet und ausgewertet werden. Damit das auch jedem gelingt, gibt es dazu bestimmte Regeln.

Es gibt verschiedene Regelwerke!

Der Begriff „Symptothermale Methode“ umschreibt – wie bereits erklärt – nur die Tatsache, dass die Ermittlung des fruchtbaren Zeitfensters mit Hilfe von Temperatur und Symptomen erfolgt, aber nicht wie. Hierzu wurden in den letzten Jahrzehnten mehrere Regelwerke entwickelt. Heute existieren in verschiedenen Ländern eine Vielzahl von verschiedenen symptothermalen Methoden, deren Anwendungsregeln sich in Details unterscheiden und deren Verhütungssicherheit unterschiedlich gut untersucht ist. Im deutschsprachigen Raum gibt es zwei Symptothermal-Giganten.

Die wohl bekannteste Form der Symptothermalen Methode ist die „Natürliche Familienplanung (NFP) nach Sensiplan“, dicht gefolgt von der „Natürlichen Empfängnisverhütung (NER) nach Rötzer“. Da sie in ihren Namen die Begriffe NFP und NER verwenden, sind diese für die meisten Menschen heute gleichbedeutend mit der Symptothermalen Methode. Neben diesen beiden gibt es auch noch „Taking Charge of Your Fertility (TCOYF) nach Weschler“ und „Natürliche Geburtenkontrolle (NGK) nach Nofziger“.

Die Unterschiede

Die Methodenregeln unterscheiden sich bei allen Formen der symptothermalen Methode. Es gibt beispielsweise unterschiedliche Anweisungen zur Temperaturmessung (Messzeit und Messdauer) und Temperaturauswertung. Auch die Definition von Temperaturtief- und -hochlagen ist verschieden. Sogar die Deutung und Einteilung des Zervixschleims in verschiedene Kategorien ist bei jeder Methodenregel anders. Diese Unterschiede gibt es nicht nur international, auch bei den beiden Platzhirschen nach Sensipan und Rötzer unterscheiden sich die Regeln. Eines ist bei allen Methoden jedoch gleich: Die Temperatur muss mit einem Basalthermometer bestimmt werden, also einem Thermometer mit zwei Stellen nach dem Komma.

Nicht überall wo NFP draufsteht, ist auch NFP drin!

Ürsprünglich sind sowohl NFP als auch NER nur Überbegriffe für alle Arten der natürlichen Verhütung. Hierzu zählen neben der Symptothermalen Methode also auch die Kalendermethode, die Billings-Methode, die Hormonmessung und sogar der Coitus interruptus (Erklärung zu den aufgezählten Methoden am Ende des Artikels).

In den letzten Jahren haben sich die Begriffe NFP und NER als Regelwerke etabliert, dass sie als eigene „Marke“ verstanden werden. Spricht man also von NFP, dann ist die Natürliche Familienplanung nach Sensiplan gemeint, und bei NER ist die Rede von der Natürlichen Empfängnisregelung nach Rötzer.

Das ist wichtig zu verstehen!

Geschützt sind die Begriffe NFP und NER nämlich nicht! Man kann sich also nur dann sicher sein, eines der beiden wissenschaftlich anerkannten Regelwerke zu bekommen, wenn man auf die Ausweisung „nach Sensiplan“ oder „nach Rötzer“ achtet. Denn nicht überall wo NFP drauf steht, ist auch das echte NFP drin. Diese Info ist speziell bei der Verwendung von Apps wichtig.

Natürliche Familienplanung (NFP) nach Sensiplan

Die Entwicklung des Sensiplan begann 1981 an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf und wird heute von der Arbeitsgruppe NFP verbreitet, gelehrt und weiterentwickelt. An der Spitze dieser Arbeitsgruppe steht ein interdisziplinär arbeitendes Team: Dr. Ursula Sottong, medizinische Leiterin der Arbeitsgruppe, Ärztin, Gesundheitswissenschaftlerin und NFP-Beraterin, Petra Klann-Heinen, Dipl.-Pädagogin und pädagogische Leiterin, Agathe Lülsdorff und Marija Milcic sowie zahlreiche freie MitarbeiterInnen aus diversen medizinischen Bereichen.Sie sind auch Autoren des Buches  „Natürlich und sicher“* und bieten ein bundesweites Kursangebot sowie NFP-Berater. Ursprünglich hieß diese Methode tatsächlich nur „Natürliche Familienplanung“, aber auf Grund des großen Verwirrungspotentials sicherte sich die Arbeitsgruppe NFP den Markennamen Sensiplan.

Für die Natürliche Familienplanung nach Sensiplan gab es schon mehrere Studien zur Sicherheit und Anwendung. Laut den durchgeführten Studien traten bei 8.647 Zyklen nur drei unbeabsichtigte Schwangerschaften auf. Das entspricht einer Methodensicherheit von 0,4. Damit liegt Sensiplan bei richtigem Gebrauch auf einem Level mit der Pille.

 

Auszug aus dem Regelwerk:

Temperaturmessung: 3 Minuten Messdauer. Sollte die Nachruhe gestört worden sein, muss vor dem Messvorgang min. eine Stunde geschlafen oder liegend entspannt werden.
Zervixschleim-Kategorien: Es wird unterschieden zwischen 5 Kategorien (t, ∅, f, S, S+)
Webseite: nfp-online.com oder sensiplan-im-netz.de

Natürlich gibt es noch eine ganze Menge weiterer Regeln, Sonderregelungen und Ausnahmeregeln. Allerdings möchte ich anhand dieses Auszuges nur ein Beispiel für die Unterschiede der Methodenregeln geben.

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Bild NFP-Onlinekurs

Natürliche Empfängnisregelung (NER) nach Rötzer

Der österreichische Arzt Josef Rötzer war der erste, der Zervixschleim und Temperatur miteinander kombinierte. Mit finanzieller Hilfe der Österreichischen Bischofskonferenz entwickelte er die erste symptothermale Methode im Jahr 1951. Erstmals wurde seine Methode in dem Buch „Kinderzahl und Liebeslehre“ veröffentlicht. Seither wurde das Buch immer weiterentwickelt und ist nun unter dem Namen „Natürliche Empfängnisregelung“* zu erhalten. Heute wird diese Methode durch das 1986 gegründete Institut für Natürliche Empfängnisregelung (INER) gelehrt. Auch hier gibt es Kurse, Literatur und Berater.

Für die Natürliche Empfängnisregelung nach Rötzer gab es bisher zwei Studien, die einen ein PI von 0,8 ergaben. Allerdings gab es laut INER keine Schwangerschaft, die auf einen Methodenfehler zurückging. Die 12 überraschenden Schwangerschaften waren auf „Anwenderirrtümer“ zurückzuführen.

Auszug aus dem Regelwerk:

Temperaturmessung: 5 Minuten Messdauer, nach mindestens 6 Stunden Schlaf

Zervixschleim-Kategorien: Es wird unterschieden zwischen 4 Kategorien (t, ∅, f, S,). Allerdings gibt es für S durch verschiedene Kürzel noch zwei weitere Kategorieunterteilungen, nämlich „w, mi, cr, kl, g, gbl“ und „EW, gl, fl, ns“
Webseite: iner.org

Zykluscomputer & Apps

Es gibt verschiedene Zykluscomputer (z.B. myWay) und Apps (z.B. Ovy), die ebenfalls mit der Symptothermalen Methode arbeiten. Bei der Wahl eines solchen Tools ist es sehr wichtig darauf zu achten, nach welchen Regeln sie auswerten. Steht in der Beschreibung als Angabe zur Auswertung nur „Symptothermale Methode“, werden zwar sowohl Symptome als auch Temperatur ausgewertet, aber sehr wahrscheinlich mit einem eigens dafür entwickeltem Algorithmus, somit also nicht nach Sensiplan oder Rötzer. Das heißt natürlich nicht, dass sie weniger sicher sind, aber man sollte sich den Unterschieden bewusst sein.

Wertet ein Tool explizit nach einem anerkannten Regelwerk aus, wird das in der Produktbeschreibung auch erwähnt. Bei manchen Apps lässt sich sogar nach verschiedenen Regelwerken auswerten. Hier muss man sich vor dem Beginn für ein Regelwerk entscheiden. Hierzu gibt es einen ausführlichen Artikel mit den verschiedenen Apps.

WICHTIGER HINWEIS!

Natürliche Verhütung ist nur dann extrem sicher, wenn du die körperlichen Grundlagen und das Regelwerk verstanden hast! Keine App und kein Zykluscomputer auf dieser Welt kann dieses Basiswissen komplett ersetzen oder dir die Verantwortung abnehmen. Bevor du also startest, bereite dich vor. Du kannst das Standardwerk ""Natürlich & sicher*" lesen, dich auf "myNFP" einlesen, eine Beratung bei den Kollegen von Sensiplan in Anspruch nehmen oder meinen neuen NFP-Onlinekurs machen.

Du fährst ja auch kein Auto ohne Führerschein...

Definitionen der anderen natürlichen Methoden

 

Kalendermethode

Die Kalendermethode ist eine der unsichersten Methoden. Ausgehend von der Annahme, dass ein Zyklus im Schnitt circa 28 Tage hat und ein Eisprung irgendwann in der Zyklusmitte stattfindet, werden einfach die Tage gezählt. Hat man einen 28-tägigen Zyklus, verhütet man also um den 14. Tag herum zusätzlich. Absolut nicht ratsam und sehr ungenau.

Billings-Methode

Die Billings-Methode beruht ausschließlich auf der Beobachtung der Zervixschleimveränderung. Da diese aber auch nur einer der drei aussagekräftigen Parameter zur Bestimmung einer Ovulation ist, bringt auch das keine hohe Sicherheit mit sich.

Hormonmessung

Zu verschiedenen Zeiten im Zyklus werden die für die Ovulation wichtigen Hormone im Urin gemessen. Diese unterliegen, wie auch unsere Körpertemperatur, während des Zyklus‘ gewissen Veränderungen, die für oder gegen eine Ovulation sprechen können. Da Hormone aber sehr störanfällig sind, ist auch diese Methode nicht wirklich sicher. Genaueres dazu im  Artikel „Persona – sichere Verhütung oder nicht?

Coitus interruptus

Der Klassiker unter den Methoden, die früher oder später in einer Schwangerschaft enden. Der Samenerguss des Mannes findet außerhalb der Vagina statt. Ich glaube es ist jedem klar, dass bereits vor dem Erguss Spermien austreten können und dies keine angemessene Verhütung darstellt.

 

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