Bereits beim Anblick eines positiven Schwangerschaftstests beginnt in der Regel die Vorfreude auf die Geburt des eigenen Kindes und der Nestbauprozess setzt ein. Umso schlimmer dann, wenn es nicht nach Plan läuft und die Frau das Kind verliert – sei es bereits in den ersten Wochen oder auch in der späteren Schwangerschaft oder gar kurz vor oder bei der Geburt. Im folgenden Artikel gebe ich dir einen Überblick zum Thema Fehlgeburt.

Hinweis: Die Abkürzung SSW steht in diesem Artikel für Schwangerschaftswoche.

Wann spricht man von einer Fehlgeburt?

Das Wort allein tut schon weh: Fehlgeburt – eine sachliche Diagnose und doch viel mehr als das. Auch die medizinische Vokabel dafür – „Abort“ – hört sich nicht erträglicher an. In der Medizin gilt eine Fehlgeburt als

  • das Absterben eines Embryos (bis zur 12. SSW = Frühabort),
  • die vorzeitige Geburt eines Fötus (bis zur 24. SSW = Spätabort) vor Erreichen der extrauterinen (außerhalb des Mutterleibes möglichen) Überlebensfähigkeit (ca. 24. SSW).

Noch karger ausgedrückt: „Ein Abort liegt dann vor, wenn das Kind mit einem Gewicht von unter 500 g tot zur Welt kommt.“

Wie häufig sind Fehlgeburten?

Die Antwort auf die Frage, wie häufig Fehlgeburten vorkommen, hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte geändert: Während man früher glaubte, dass dies ein eher seltenes Phänomen sei, so ist die Medizin heute der Auffassung, dass fast jede zweite Schwangerschaft in einer Fehlgeburt endet. Viele davon oft unbemerkt, da sie in einem sehr frühen Stadium kurz nach der Einnistung eintreten, in dem die Frau die Schwangerschaft noch gar nicht bemerkt hat. Der Abgang fällt dann mit der erwarteten Regelblutung zusammen („Frühestabort“).

3 Risiken für eine Fehlgeburt

Das Risiko für eine Fehlgeburt hängt von verschiedenen Faktoren ab. Hierzu zählen u.a.:

  • Das Alter der Eltern: Die Eizellen einer Frau bestehen seit ihrer Geburt und, anders als Spermien, erneuern sie sich nicht. Je älter eine Eizelle ist, desto größer ist das Risiko, dass genetische Veränderungen vorkommen. Bei einer Ü-40-Jährigen liegt das Risiko dann bereits bei 40 Prozent. Aber auch das Alter des Vaters spielt eine Rolle, denn mit reiferen Jahren erhöht sich das Risiko, dass die Samenzellen fehlerhaft sind und sich aus der befruchteten Eizelle kein Kind entwickeln kann.
  • Vorangegangene Fehlgeburten: Wenn du bereits zwei oder mehr Fehlgeburten erlitten hast, steigt die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Abgangs. Man spricht ab drei Fehlgeburten von „habituellen“ Aborten. Meistens empfehlen die Ärzte dann auch eine weiterführende (Gen-)Diagnostik, um der Ursache auf den Grund zu gehen.
  • Häufige Schwangerschaften: Wenn du bereits mehrere Kinder geboren hast, kann eine Gebärmutterhalsschwäche entstehen. Dies erhöht das Risiko für eine Fehlgeburt.

Wie kündigt sich eine Fehlgeburt an?

Ist es die Periode oder eine Fehlgeburt? In einem sehr frühen Stadium kannst du die Blutung auch für eine verspätete Periode halten. Gemeinhin gilt: In den ersten drei Monaten kann sich eine Fehlgeburt durch geringe Blutungen oder bräunlichen Ausfluss ankündigen. Oft treten danach Schmerzen im Unterleib auf. Typisch für einen drohenden Verlust zu einem späteren Schwangerschaftszeitpunkt sind dagegen ziehende, wehenartige Beschwerden im Unterbauch oder der Verlust von Fruchtwasser, während leichte bis mittelstarke Blutungen erst später auftreten. 

Wichtig: 

Fehlgeburten können sich so ankündigen – müssen aber nicht! Es gibt viele Arten von Aborten, und oft ist der Vorgang individuell. Vaginale Blutungen in der frühen Phase der Schwangerschaft müssen nicht zwangsläufig auf eine drohende Fehlgeburt hindeuten. Es gibt sehr wohl auch andere – harmlosere – Gründe dafür, wie z. B. Polypen, eine Entzündung am Muttermund oder eine Plazentarandblutung. Wichtig ist natürlich immer, dass du Blutungen durch den behandelnden Arzt bzw. Ärztin abklären lässt.

Manchmal lässt sich eine drohende Fehlgeburt noch vermeiden. Voraussetzung ist, dass der Muttermund noch geschlossen ist. Um den Abgang zu verhindern, ist strikte Bettruhe (eventuell auch im Krankenhaus) wichtig. Außerdem können wehenhemmende Medikamente sowie ein Magnesiumpräparat gegeben werden.

Verschiedene Formen von Fehlgeburten

Hierzu gehören das „Windei“ und die „Missed Abortion“. Beim Windei (auch Blasenmole genannt) handelt es sich um eine befruchtete Eizelle, die sich jedoch nicht weiterentwickelt und sehr früh in der Schwangerschaft zugrunde geht. Auf dem Ultraschall ist eine leere Fruchtblase ohne Embryo zu sehen. Der Verhaltene Abort (Missed Abortion) verläuft ohne Anzeichen, also ohne Blutungen und Unterleibsschmerzen. Der Embryo ist abgestorben, aber der Muttermund bleibt geschlossen – das Kind wird nicht ausgestoßen. Die Fehlgeburt wird meist bei einer Kontrolluntersuchung per Ultraschall festgestellt, der Gynäkologe bemerkt dann, dass beim Embryo keine Lebenszeichen mehr vorhanden sind. Ein Verhaltener Abort kommt hauptsächlich in der Frühphase der Schwangerschaft vor.

Die Zeit – ein wichtiger Faktor

Das Risiko einer Fehlgeburt vor der 5. SSW liegt bei über 50 %. Bis zur 7. SSW – bzw. bis zum messbaren Herzschlag – sind es etwa weitere 10 – 15 %. Von da an sinkt die Rate weiter, bis sie bei Erreichen der 16. SSW bei unter 3 % liegt. Diese wenigen Zahlen zeigen deutlich, dass die Chancen für eine intakte Schwangerschaft von Woche zu Woche steigen!

10 Ursachen, die für eine Fehlgeburt verantwortlich sein können

Die Entstehung neuen Lebens gleicht einem Wunder. Wenn Ei- und Sammelzelle verschmelzen, beginnt ein sehr komplexer Prozess. In den ersten Wochen kann es hierbei zu Fehlentwicklungen kommen, die verhindern, dass der Embryo lebensfähig sein wird. Ist dies der Fall, beendet dein Körper meist die Schwangerschaft. Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  1. Gendefekte: Schäden im Erbgut, etwa Anomalien in der Anzahl oder der Struktur von Chromosomen, sind die häufigste Ursache für Fehlgeburten. 50 bis 70 % der Aborte, die im ersten Drittel der Schwangerschaft passieren, sind dadurch bedingt. Das fehlerhafte Erbmaterial verhindert oft die weitere Entwicklung des Embryos, er ist nicht lebensfähig. Der Körper erkennt dies und beendet die Schwangerschaft frühzeitig. Die Fehlgeburt ist sozusagen ein radikaler Schutzmechanismus der Natur.
  2. Hormonstörungen: Hierzu gehören etwa eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Eizellreifungsstörung oder eine Gelbkörperschwäche. Der Gelbkörper produziert das Hormon Progesteron, das dafür sorgt, dass die Gebärmutterschleimhaut während der Schwangerschaft nicht abblutet. Bei einer Gelbkörperschwäche funktioniert dies nicht mehr einwandfrei.
  3. Anatomische Fehlbildungen: Fehlbildungen der Spermien, der Plazenta oder der Gebärmutter können eine Fehlgeburt verursachen. Myome, gutartige Wucherungen im Gebärmuttermuskel, können die Einnistung und das Wachstum des Embryos behindern.
  4. Immunologische Störungen: Es kann vorkommen, dass das Immunsystem der Mutter die befruchtete Eizelle angreift. Dadurch kommt es entweder gar nicht erst zu einer Einnistung oder diese ist fehlerhaft und wird beendet.
  5. Mikronährstoffmangel: Bei einem Eisenmangel ist die Sauerstoffversorgung des ungeborenen Kindes schlechter, Entwicklungsstörungen oder eine Fehlgeburt können die Folge sein. Auch ein Mangel an anderen Nährstoffen wie z. B. Vitamin D, Vitamin B12, Folsäure und Jod kann das Kind schädigen (siehe auch mein Artikel zu Vitamin D).
  6. Gerinnungsstörungen: Hast du eine Blutgerinnungsstörung (Anti-Phospholipid-Syndrom), gerinnt das Blut bei dir schneller als üblich. Dadurch können sich Blutgerinnsel bilden, die u. a. eine Fehlgeburt verursachen können.
  7. Infektionen: Eine virale oder bakterielle Infektion – etwa eine Entzündung des Gebärmutterhalses oder der Gebärmutterschleimhaut – kann einen Abort auslösen.
  8. Psychische Belastungen: Durch Stress kann das Risiko für eine Fehlgeburt um 42 % erhöht sein, das zeigt eine Studie der City University of London. Die Forscher fanden in ihrer Untersuchung heraus, dass Frauen, die Geldsorgen hatten, unter starkem beruflichem Druck standen, durch Partnerschaftsprobleme belastet waren oder an einem emotionalen Trauma litten, das sich in der Vergangenheit ereignet hat, häufiger eine Fehlgeburt erlebten. Dies erklären sich die Wissenschaftler damit, dass Stresshormone die biochemischen Prozesse beeinträchtigen können, die bei der Aufrechterhaltung der Schwangerschaft eine wichtige Rolle spielen.
  9. Genussgifte: Rauchen (auch Passiv-Rauchen), Alkohol- und Drogenkonsum können das ungeborene Kind schädigen, Entwicklungsstörungen oder Fehlbildungen verursachen und zu einem Abort führen.
  10. Andere Giftstoffe: Auch bestimmte Medikamente, Bestrahlungen oder Chemikalien können der Grund für eine Fehlgeburt sein.

Hierzu auch Hinweise in diesem Artikel: Was tun bei Fehlgeburtsneigung?

Wie kannst du eine Fehlgeburt vermeiden?

Es gibt einige einfache Verhaltensweisen, die dazu beitragen, dass es gar nicht zu einer Fehlgeburt kommen muss. Dazu gehören:

  • Auf Alkohol und Zigaretten in der Schwangerschaft unbedingt verzichten.
  • Nur geringe Mengen Kaffee trinken (ein bis zwei Tassen pro Tag sind in der Regel unbedenklich).
  • Auf eine ausgewogene, gesunde Ernährung achten.
  • Übermäßige körperliche Belastung und seelischen Stress vermeiden.
  • Für ausreichend Entspannung und Ruhephasen sorgen.
  • Bestehende Erkrankungen behandeln lassen (z.B. Bluthochdruck, Diabetes, Schilddrüsenfunktionsstörungen).
  • Moderate Bewegung wie ein gemütlicher längerer Spaziergang, langsames Joggen oder Schwimmen wirkt sich positiv auf deinen Körper aus.
  • Generell ist es ratsam, dass du das Sportpensum mit dem Gynäkologen besprichst.
  • Wenn du Risikofaktoren für eine Fehlgeburt besitzt oder bereits einen Abort hattest, solltest du dich unbedingt schonen.

Soll ich eine Ausschabung vornehmen lassen?

Das Unfassbare ist geschehen. Dein Arzt/deine Ärztin werden dir – je nach Art der Fehlgeburt – evtl. zu einer Ausschabung raten. Diese wird auch Curettage oder Abrasio genannt. Es ist eine kleine Operation, in der evtl. Reste des Embryos und des Mutterkuchens aus der Gebärmutterhöhle entfernt werden, die ggf. Entzündungen auslösen könnten. Manche Frauen entscheiden sich gegen eine Ausschabung und vertrauen darauf, dass ihr Körper alles von alleine macht. Vertraue auch auf den Rat deiner Hebamme.

Wichtig zu wissen: Du hast Anspruch auf eine Beisetzung des Embryos bzw. des „Materials“, das entfernt wird. Sprich deinen Arzt/deine Ärztin darauf an – oft wird das nicht thematisiert. Ebenso hast du Anspruch auf die Begleitung durch eine Hebamme, gleichgültig, in welcher Schwangerschaftswoche du warst.

Die wichtige Trauerarbeit

Eine Fehlgeburt gehört auch heute noch oft in die Rubrik „Tabuthema“. Die Trauerreaktion der Mutter und auch des Vaters können sehr unterschiedlich ausfallen. Alles darf sein, nichts muss sein. Für Angehörige und Freunde ist es oft schwer, damit umzugehen – wenn sie involviert sind. Vielfach wird man mit dem Verweis auf eine erneuten „Versuch“ getröstet oder mit dem Hinweis, dass das Wesen ja noch gar kein „echter Mensch“ war. Nimm‘ es nicht übel – nur du kennst die Bindung zu dem Wesen, dass in deinem Bauch war.

Es gibt mittlerweile viel Literatur und auch Internetseiten zu diesem Thema. Auch eine Selbsthilfegruppe kann für eine gewisse Zeit hilfreich sein. Dort stellst du fest, dass du mit diesem Erlebnis nicht alleine bist und kannst dich unter Gleichgesinnten austauschen. Nimm dir die Zeit, die du brauchst und nimm therapeutische Hilfe an, wenn du weitere Unterstützung benötigst. Bring auch Verständnis für deinen Partner/Partnerin auf. Er/sie trauert evtl. ganz anders als du.

Schwangerschaft nach Fehlgeburt – bitte lass dir Zeit

Nach einer Fehlgeburt ist es grundsätzlich möglich, wieder schwanger zu werden. Vielleicht rät dir dein Arzt/deine Ärztin evtl. dazu, einige Untersuchungen zu machen, um möglichst die Ursache deiner Fehlgeburt herauszufinden. Neben der allgemeinen gynäkologischen Untersuchung kann beispielsweise auch der Hormonspiegel überprüft werden oder ob eine Fehlbildung in der Gebärmutter besteht. Hast du bereits mehrmals eine Fehlgeburt erlitten, kann es ratsam sein, eine Untersuchung des Erbguts (Chromosomenanalyse) durchzuführen.

Es ist zwar möglich, im nächsten oder übernächsten Zyklus, der nach der Fehlgeburt einsetzt, wieder schwanger zu werden, davon rate ich dir jedoch ab. Denn zum einen braucht der Körper nach einem Abort eine Regenerationsphase und zum anderen ist eine Fehlgeburt auch oft eine starke seelische Belastung. Es ist wichtig, dass du dir ausreichend Zeit für die Verarbeitung und für die Trauer nimmst. Hast du dich körperlich gut erholt und es geht dir seelisch wieder gut, ist das die beste Voraussetzung für eine erneute Schwangerschaft.

Fazit

Fehlgeburten kommen häufiger vor, als wir denken. Das Wissen darum und wie du einem Abgang vorbeugen kannst, ist wichtig. Solltest du trotzdem irgendwann zu den betroffenen Frauen gehören, dann gib dir ausreichend Zeit, das Erlebnis zu verarbeiten. Was dir dabei helfen kann, schreibe ich in Teil 2 dieses Artikels, der nächste Woche online geht (Fehlgeburt: Gute Hoffnung – plötzliches Ende | Teil 2: Selbstfürsorge mit Homöopathie und ätherischen Ölen). 

Weiterer Artikel zum Thema: Mögliche Auslöser für Fehlgeburten von Eiryn Woithe