Schilddrüsenunterfunktion durch die Antibabypille – ist das möglich? Diese Frage stellen sich junge Frauen immer öfter, da die Zusammenhänge für viele immer deutlicher werden. Eine Unterfunktion der Schilddrüse gehört aufgrund ihrer Häufigkeit heute bereits zu den sogenannten Zivilisationskrankheiten. Leider macht man sich gerade bei diesen nur wenig Gedanken darüber, wo die Ursache für die entstandene Problematik liegen könnte. Die Pille spielt bei dieser Thematik eine größere Rolle als gedacht, und langsam kommt das auch bei der Schulmedizin an.

Für mich stehen die Zusammenhänge zwischen der Einnahme der Pille und Schilddrüsenfunktionsstörungen schon sehr lange fest. Wenn man sich mit den verschiedenen Prozessen des Hormonsystems und des gesamten Stoffwechsels länger beschäftigt, ist es auch absolut logisch. Es lässt sich bei genauerer Betrachtung einfach nicht abstreiten, dass die Pille einen enormen Einfluss auf die Schilddrüse hat. Dazu habe ich in der Vergangenheit bereits einen Beitrag geschrieben. Tatsächlich können orale Kontrazeptiva gleich auf mehreren Wegen die Funktion unseres Schmetterlingsorgans beeinflussen.

Schulmedizin vs. Naturheilkunde

Durch die Beeinflussung des Vitalstoffhaushaltes, der Leberfunktion, der Nebennieren und auch durch eine eventuell entstehende Östrogendominanz kann die Pille die Schilddrüse also durchaus beeinflussen. Und nicht nur für mich lag das ganz klar auf der Hand, auch die meisten Heilpraktiker, Orthomolekularmediziner, Ernährungsmediziner und auch allgemein naturheilkundlich eingestellte Ärzte sehen das sehr ähnlich. Doch in der großen weiten Welt der Schulmedizin und speziell bei den meisten Hausärzten, Gynäkologen und Endokrinologen war diese Erkenntnis leider noch nicht angekommen. Das scheint sich jetzt aber endlich zu ändern, wie man einem sehr spannenden Artikel in einem Fachmagazin für Gynäkologen entnehmen kann, in dem sogar noch auf eine weitere Wirkweise der Pille auf die Schilddrüse hingewiesen wird.

Kombinierte Pillen erhöhen den TSH

Von kombinierten Kontrazeptiva spricht man, wenn sowohl ein synthetisches Östrogen als auch ein synthetisches Progesteron enthalten sind. Der am häufigsten verwendete synthetische Hormonersatzstoff für Östrogen ist Ethinylestradiol, und genau dieser Stoff macht der Schilddrüse zu schaffen.

Der Östrogenanteil in diesen kombinierten Pillen hat neben der Funktion als „Zyklusstabilisator“ auch noch einen antiandrogenen Effekt. Um diesen besagten Effekt zu erzielen, erhöht das Ethinylestradiol das hormonbindende Eiweiß, auch SHBG (Sexualhormon Bindendes Globulin) genannt. So werden Androgene, also männliche Hormone, an diese Eiweiße gebunden und sind somit wirkungslos. Das Problem ist allerdings, dass nicht nur vermehrt SHBG gebildet wird, sondern auch TBG (Thyroxin-bindendes Globulin), ein spezielles Eiweiß zur Bindung freier Schilddrüsenhormone.

Je weniger freie Schilddrüsenhormone, desto höher der TSH

Wie auch bei den Androgenen, sind es bei Schilddrüsenhormonen auch nur die „freien“ – also die nicht an Eiweißstoffe gebundenen – Hormone, die im Körper eine Wirkung erzeugen und brauchbar sind. Bemerkt der Körper, dass es an diesen freien Schilddrüsenhormonen mangelt, schüttet er vermehrt TSH aus. Das Thyreoidea-stimulierende Hormon, besser bekannt als TSH, ist sozusagen das Kommando unserer Hypophyse an die Schilddrüse. Eigentlich bedeutet ein hoher TSH-Wert also nichts anderes als die körpereigene Botschaft „Liebe Schilddrüse, bitte produziere mehr freie Hormone!“. Je weniger freie Schilddrüsenhormone unser Körper also wahrnimmt, desto höher wird automatisch der TSH.

Durch kombinierte Pillenpräparate steigt aber nicht nur das SHBG, sondern auch das TBG (Thyroxin-bindendes-Globulin), das logischerweise die verfügbaren freien Schilddrüsenhormone bindet und somit einen kontinuierlichen Mangel verursacht. Genau dann passiert das, was ich zuvor bereits erklärt habe: der TSH steigt.

 

Dazu schreibt Prof. Dr. med. Michael Ludwig in der Artikel-Serie „Hormonsprechstunde“ des Magazins „Frauenarzt“:

TSH wird unter Einnahme kombinierter Kontrazeptiva erhöht gemessen, weil der Anteil der freien, wirksamen Schilddrüsenhormone durch Steigerung des TGB unter Einfluss der oralen Östogenisierung sinkt.

Fast noch interessanter fand ich allerdings seine nächste Aussage in dem besagten Artikel.

Durch Einnahme eines kombinierten Kontrazeptivums verändert sich also nur die Konzentration der freien Schilddrüsenhormone. Wird das kombinierte Kontrazeptivum abgesetzt, so fällt auch konsektuiv das TGB und auch das TSH wieder ab. Die Beurteilung der Schilddrüsensituation unter Einnahme eines kombinierten Kontrazeptivums ist also nur sehr bedingt möglich.

Künstliche Unterfunktion

Auf den Punkt gebracht bedeutet das also, dass die Schilddrüse während der Einnahme besagter Pillenpräparate in eine künstliche Unterfunktion versetzt wird. So ist also nicht die Schilddrüse an sich das Problem bzw. die Ursache, sondern die Pille. Das erklärt auch noch einmal mehr, warum so viele Frauen, die während der Einnahme der Antibabypille eine Unterfunktion hatten, nach dem Absetzen auf einmal „geheilt“ sind und ihre Medikamente nicht mehr benötigen.

Statt also eine eigentlich nicht vorhandene Schilddrüsenunterfunktion zu behandeln, wäre es durchaus eine Überlegung wert, auf eine andere Verhütungsmethode umzusteigen.

Kann sich die Schilddrüse wieder normalisieren?

Diese besagten Eiweiße, die durch die Einnahme kombinierter Pillenpräparate dazu führen, dass die Schilddrüse in eine künstliche Unterfunktion versetzt wird, bauen sich ungefähr innerhalb eines halben Jahres nach Absetzen der Pille wieder ab. Das bedeutet allerdings auch, dass die Werte in den ersten 6 Monaten noch nicht wirklich aussagekräftig sind. Sollte die Schilddrüsenunterfunktion also nur wegen der erhöhten Konzentration des TBG entstanden sein, ist es durchaus möglich, dass sie sich von ganz alleine wieder fängt.

 

Andere wichtige Faktoren

An dieser Stelle sollte aber auch noch einmal deutlich gesagt sein, dass die Pille durchaus auch noch andere Problemchen verursachen kann, die eine Schilddrüsenunterfunktion begünstigen können. Wichtig wäre – wie einem anderen Beitrag zur Schilddrüse bereits erklärt -, den Vitalstoffhaushalt, insbesondere Zink, Selen und Jod, sowie die Funktion der Leber und der Nebennieren im Auge zu behalten. All diese Faktoren sollten vor einer klassischen Schilddrüsenbehandlung beachtet werden.

Bei diesem Punkt sind sich zumindest alle Ärzte und Heilpraktiker, mit denen ich mich regelmäßig für den Blog austausche, einig. Keiner würde direkt nach dem Absetzen der Pille eine Schilddrüsenunterfunktion mit Hormonen behandeln, sondern erst alle genannten Faktoren berücksichtigen.

Fazit

Nicht überall, wo Schilddrüsenunterfunktion drauf steht, ist auch eine Schilddrüsenunterfunktion drin. Gerade während der Verwendung hormoneller Verhütungsmittel und auch direkt nach dem Absetzen sollte definitiv in Betracht gezogen werden, dass die synthetischen Hormonersatzstoffe einen Einfluss haben können. Besprecht diese Möglichkeiten mit eurem Arzt und fragt nach Alternativen und natürlichen Behandlungsmethoden. Gebt eurem Körper einfach ein bisschen Zeit, sich wieder zu fangen, und setzt euch nicht so unter Druck. ♥