Schlafstörungen, Libidoverlust, Stimmungsschwankungen, Wassereinlagerungen – all diese und noch viele weitere Beschwerden können durch einen Progesteronmangel und einer oft damit verbundenen Östrogendominanz hervorgerufen werden. Aber was tun, wenn zu wenig Progesteron vorhanden ist? Helfen dann wirklich nur Hormoncremes und Co.?

Das Progesteron bestimmt zusammen mit dem Östrogen, genauer gesagt mit dem Östradiol, unseren Zyklus. Nach dem Eisprung wird die verbleibende Eihülle des Follikels unter Einfluss des luteinisierenden Hormons (LH) zum sogenannten Gelbkörper umgebaut. Dieser produziert in der zweiten Zyklushälfte zunehmend Progesteron und auch in kleinen Mengen Östrogene. Deshalb bezeichnet man Progesteron auch als Corpus-Luteum oder auch Gelbkörperhormon.

Progesteron – Wofür brauche ich das überhaupt?

Zusammen mit Östrogen reguliert Progesteron den Aufbau und dann zur Menstruation die Abstoßung der Gebärmutterschleimhaut im Zyklus. Während das Östrogen in der ersten Zyklushälfte vor allem den Aufbau der Schleimhaut fördert, sorgt das Progesteron in der zweiten Zyklushälfte für den Erhalt der aufgebauten Schleimhaut. Es sorgt zudem dafür, dass das Vaginalsekret visköser wird.

Progesteron hat auch eine schwangerschaftserhaltende Wirkung. Es hemmt die Prostaglandinfunktion (Prostaglandine sorgen gegen Ende der Schwangerschaft natürlicherweise dafür, dass sich das Gewebe des Muttermunds auflockert) und damit auch die Kontraktion, also das Zusammenziehen, der glatten Muskulatur der Gebärmutter. Eine zu frühe Öffnung des Gebärmuttermundes kann durch Progesteron ebenfalls verhindert werden. Das Hormon spielt somit eine entscheidende Rolle, wenn du einen Kinderwunsch hast.

Ist Progesteron also nur für die Schwangerschaft wichtig?

Die Antwort lautet hier kurz und einfach: Nein. Progesteron und seine Stoffwechselzwischenprodukte werden auch als Neurosteroide bezeichnet. Sie schützen das zentrale und das periphere Nervensystem. Progesteron ist unser „Feel-Good-Hormon“. Es sorgt dafür, dass wir uns geborgen und sicher fühlen. Zudem wirkt Progesteron schlaffördernd und schlafverbessernd.

Aber Progesteron hat noch viel mehr drauf:

•   es wirkt sich positiv auf die Brustgesundheit aus

•   es hat eine knochenschützende Wirkung

•   es kann Entzündungen entgegenwirken

•   es hat eine ausgleichende Wirkung auf das Immunsystem

Wie macht sich ein Progesteronmangel bemerkbar?

So vielseitig die Eigenschaften des Progesterons sind, so umfassend ist auch die Symptomliste bei einem Progesteronmangel. Dieser und die häufig damit verbundene Östrogendominanz kann zu folgenden Beschwerden führen:

 

  • lange und/oder starke Regelblutungen
  • Schmier- und Zwischenblutungen
  • kurze Zyklen mit verkürzter zweiter Zyklushälfte
  • Unfruchtbarkeit
  • Stimmungsschwankungen und Ängste
  • Heißhunger und Wassereinlagerungen vor der Periode
  • Blasenschwäche
  • Über- oder Unterfunktionen der Schilddrüse
  • Zystenbildung
  • Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel

Woher weiß ich, dass ich einen Progesteronmangel habe?

Wenn du das ein oder andere Symptom aus dieser Liste kennst, kann das auf einen Progesteronmangel hindeuten. Sicherheit bringt dir aber nur ein Hormontest. Du kannst deinen Progesteronspiegel sowohl im Blut als auch im Speichel testen. Wichtig ist, dass du dafür den richtigen Zyklustag wählst.

Der Progesteronwert sollte ca. 7 Tage nach deinem Eisprung bestimmt werden. Hast du also deinen Eisprung am 14. Zyklustag, sollte der Hormontest am 21. Zyklustag durchgeführt werden. Ist dein Zyklus länger und dein Eisprung erst am 18. Tag, solltest du den Test dementsprechend am 25. Zyklustag durchführen.

Blut oder Speichel – Wie teste ich Progesteron am besten?

Bestenfalls nutzt du beide Testmöglichkeiten. Wenn du dich entscheiden musst, würde ich dir den Speicheltest empfehlen. Warum? Der Speicheltest gibt dir Auskunft über die freien Hormone in deinem Körper. Also die Hormone, die dir momentan wirklich zur Verfügung stehen. 

Im Blut werden sowohl freie als auch gebundene Hormone getestet. Meiner Erfahrung nach spiegelt das Ergebnis des Hormonspeicheltests genauer das Befinden der Patientinnen wider.

Progesteronmangel – mögliche Ursachen

Nun hast du das Ergebnis deines Hormontests und dieses sagt: Progesteronmangel. Woher kann dieser Progesteronmangel kommen? Der Ursache auf die Schliche zu kommen ist wichtig, damit du entsprechend dagegen angehen kannst. Ein paar Gründe möchte ich dir hiernach nennen:

Progesteronmangel nach Absetzen der Anti-Baby-Pille

Nach dem Absetzen der Pille sind deine Hormone oft noch für einige Monate im „Dornröschenschlaf“. Es kann einige Wochen oder sogar Monate dauern, bis sich das wieder einspielt.

Ausbleibender Eisprung

Progesteron wird in größeren Mengen immer nur dann gebildet, wenn ein Eisprung stattgefunden hat. Bleibt der Eisprung aus, kann es zum Progesteronmangel kommen. Hier gilt es zu schauen, warum der Eisprung ausbleibt? Ist vielleicht dein Testosteronspiegel zu hoch? Ca. ab dem 35. Lebensjahr kann es bedingt durch die schwindende Eizellreserve häufiger zu ausbleibenden Eisprüngen kommen.

Zu viel Prolaktin

Das „Milchbildungshormon“ Prolaktin hemmt die Produktion der Hormone FSH und GnRH und hat damit auch direkten Einfluss auf die Reifung der Follikel im Eierstock. Ein hoher Prolaktinspiegel kann dadurch ebenfalls zu ausbleibenden Eisprüngen und damit zu einem Progesteronmangel führen.

Stress

Wenn du über einen längeren Zeitraum zu viel Stress hast, produziert dein Körper größere Mengen Cortisol. Das wirkt sich negativ auf dein Geschlechtshormonsystem aus und führt zu einer geringeren Progesteronproduktion. Noch dazu können hohe Cortisolspiegel dazu führen, dass die Zellen schlechter auf das vorhandene Progesteron ansprechen. Man spricht hier auch von einer Progesteronresistenz.

Progesteronmangel durch Schilddrüsenunterfunktion

Ein Mangel an Gelbkörperhormon kann zudem im Rahmen einer Schilddrüsenunterfunktion entstehen. Umgekehrt kann ein Progesteronmangel aber auch eine Schilddrüsenunterfunktion verschlimmern.

Nährstoffmangel

Bei einer Mangelversorgung mit wichtigen Nährstoffen kann zum einen der Eisprung ausbleiben und zum anderen kann der Gelbkörper in seiner Funktion durch einen Nährstoffmangel gestört werden.

Progesteronmangel – das kannst du tun

Zunächst gilt es, die Ursache für deinen Progesteronmangel herauszufinden. Ist der Mangel nach der Pilleneinnahme aufgetreten? Hier kann eine Unterstützung deiner hormonabbauenden und hormonausscheidenden Organe wie Leber und Darm sinnvoll sein. Du hast eine Schilddrüsenunterfunktion? Schau gemeinsam mit deiner EndokrinologIn, ob du wirklich die richtig Dosierung nimmst. Es gibt allerdings noch ein paar weitere Maßnahmen, mit denen du deinen Progesteronmangel angehen kannst:

Die richtige Ernährung

Um Hormone produzieren zu können, braucht dein Körper Mikro- und Makronährstoffe. Auch für die Hormonregulation ist eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen eine Grundvoraussetzung. Setze bei einem Progesteronmangel auf eine ballaststoffreiche Kost mit hohem Gemüseanteil. Auch gute Fette und hochwertiges (pflanzliches) Eiweiß sollten täglich auf deinem Speiseplan stehen. Auf industriell verarbeitete Nahrungsmittel mit vielen Zusatzstoffen sowie Zucker und zuckerhaltige Nahrungsmittel solltest du hingegen weitgehend verzichten. Zu viel tierisches Eiweiß sowie Weizen und glutenhaltige Getreide können deine Beschwerden unter Umständen verschlimmern.

Reduziere deinen Stress

Ich weiß, die immer gleiche Leier vom bösen Stress, das können viele Frauen heute nicht mehr hören. Aber ich sage es dir ganz ehrlich: Bei einer zu hohen Stressbelastung und damit auch bei einer Belastung der Nebennieren, wirst du deinen Progesteronspiegel nur schwer anheben können. Die Produktion von Geschlechtshormonen steht auf der Prioritätenliste deines Körpers einfach viel weiter hinten als die Produktion von Stresshormonen. Frage dich also ehrlich: Ist mein Pensum im Moment vielleicht einfach zu hoch? Haben mein Körper und mein Geist ausreichend Zeit zur Regeneration?

Hebe deinen Progesteronspiegel mit Heilpflanzen an

Bei einem Progesteronmangel bietet dir die Natur einige Pflanzen zur Unterstützung. So wirkt der Frauenmantel (Alchemilla vulgaris) hormonregulierend und auch der Mönchspfeffer (Agnus castus) wird zur Behandlung von Progesteronmangel genutzt. Ferner kann die Yamswurzel zum Einsatz kommen. Sie enthält den progesteron-ähnlichen Wirkstoff Diosgenin.

Und was ist mit bioidentischen Hormonen?

Der Gedanke, einen Progesteronmangel mit der Gabe von Hormonen zu behandeln, liegt nahe. Aber ist das wirklich eine Lösung? Bei einem ausgeprägten Mangel an Progesteron kann es meiner Meinung nach durchaus sinnvoll sein, für einen begrenzten Zeitraum mit bioidentischen Hormonen zu arbeiten. Was sind bioidentische Hormone? Das bioidentische Progesteron entspricht in seinem Aufbau dem körpereigenen Hormon. Im Gegensatz zur synthetischen Variante treten hier deutlich weniger (oder kaum) Nebenwirkungen auf.

Der Vorteil ist, dass du dich bei der Verwendung von bioidentischen Hormonen oft schnell besser fühlst. Dadurch wird auch Kraft und Energie frei, damit du dich wirklich mit den Ursachen beschäftigen kannst. Und da kommen wir auch schon zum Haken: Bioidentische Hormone sind eher wie eine Krücke. Sie sind keinesfalls die Lösung deines Hormonproblems. Ergreifst du keine anderen ursachenorientierten Maßnahmen, wirst du nach Absetzen der bioidentischen Hormone schnell wieder in alten Beschwerdemuster zurückfallen. Die Behandlung mit bioidentischen Hormonen sollte zudem keinesfalls im Alleingang, sondern immer nur in Zusammenarbeit mit einer Therapeutin erfolgen. Ich berate dich gern.