In meinem heutigen Beitrag geht es um die Histaminunverträglichkeit, auch Histaminintoleranz (HIT) genannt. Es handelt sich dabei um eine Stoffwechselstörung, bei der das Histamin im Blut zu stark ansteigt und/oder nur schwer abgebaut werden kann. Dabei kann es zu zahlreichen Symptomen kommen. Teilweise erscheinen diffuse Symptome in unterschiedlichsten Intensitäten. Manchmal treten sie im zeitlichen Zusammenhang zu einem Nahrungsmittel auf, aber nicht immer. Und genau das macht es schwierig, eine HIT zu erkennen.

Was ist Histamin überhaupt?

Histamin ist ein Botenstoff und sogenanntes biogenes Amin. Es entsteht aus der Aminosäure Histidin und befindet sich in tierischen und pflanzlichen Zellen. Zudem wird es über die Nahrung aufgenommen. Histamin arbeitet als Gewebshormon und als Neurotransmitter in unserem System. In gesunder Menge dient es dem Körper natürlicherweise zur Aufrechterhaltung bestimmter Körperfunktionen. Es ist an einer Vielzahl von physiologischen Vorgängen und Prozessen in unserem Körper beteiligt wie z. B.:

  • am Appetit
  • am Schlaf-Wach-Rhythmus
  • an der Konzentration, Lernfähigkeit, Gedächtnis- und Merkleistung
  • am Einfluss auf unsere Emotionen
  • an der Regulation von Teilen unseres Hormonsystems
  • am Zusammenziehen der glatten Muskulatur an Organen wie Uterus, Darm, Lunge
  • an der Erweiterung der Gefäße
  • an der Magenbesaftung zur Aufspaltung der Nahrung und der bakteriellen Abwehr
  • am Zellwachstum und der Zelldifferenzierung
  • als Auslösersubstanz für allergische Reaktionen (z. B. Husten, Schnupfen, Ausschläge, Juckreiz usw.)
  • als Auslösersubstanz bei Entzündungen (z. B. Schwellung, Rötung, Schmerz, Erwärmung)
  • als Auslösersubstanz bei allen Schmerzreaktionen

Woher kommt Histamin?

Histamin wird zum Großteil in den Mastzellen gespeichert und bei Bedarf sofort ausgeschüttet. Histamin wird zum einen von unserem Körper selbst gebildet oder von außen über die Nahrung zugeführt. Es gibt Lebensmittel, die selbst einen hohen Histamingehalt aufweisen, und es gibt Lebensmittel, die Stoffe enthalten, die vermehrt für eine Histaminfreisetzung ins Blut sorgen, sogenannte Histamin-Liberatoren.

Wie entsteht Histamin?

Eine sehr große Produktion von Histamin und weiteren biogenen Aminen, wie z.B. Putrescin, Cadaverin, Spermin, Spermidin, Tyramin, Phenylethylamin, Dopamin und Serotonin finden bei der Zersetzung von Eiweißen statt. Diese Zersetzung nennt man Reifung oder besser noch Fäulnis. Gereifte Lebensmittel wie z. B. Käse, Wein, Bier, Sauerkraut, geräuchertes Fleisch, Fisch und Wurstwaren können dabei eine wichtige Rolle spielen.

Aber auch nicht mehr ganz so frische Ware, aufgewärmtes Essen und schon leicht verdorbenes Essen enthält große Mengen an Histamin. Somit ist z. B. fangfrischer oder tiefgekühlter Fisch weniger histaminreich als ein Fisch, der schon eine Reise hinter sich hat oder eine Weile in der Auslage lag. Genauso enthält ein Frischkäse, im Gegensatz zu einem gereiften Parmesan, kaum Histamin. Je nachdem, wie lange ein Lebensmittel liegt, umso höher ist der Gehalt an Histamin, deshalb können die Werte stark schwanken. Histamin ist außerdem kälte- und hitzestabil und kann, wenn einmal gebildet, nicht mehr abgebaut werden.

Welche Lebensmittel haben noch einen Einfluss auf die Höhe des Histamins?

Insbesondere Alkohol bereitet bei einer Histaminose (Histaminintoleranz) große Probleme. Zwar hat Alkohol selbst nicht übermäßig viel Histamin, aber er fördert die schnelle Aufnahme ins Blut, somit ist plötzlich und sehr schnell die Symptomatik da. Gerade die Kombination von Rotwein und Käse ist häufig migräneauslösend. Außerdem wirken Alkohol und seine Abbauprodukte hemmend auf die DAO-Enzym-Produktion (siehe gleich).

Auch Schokolade könnte das Problem verschlimmern. Es enthält zwar auch wenig Histamin, dafür aber viel Tyramin und Phenylethylamin, das das Enzym DAO komplett verbrauchen.

Was ist das Enzym DAO und Methyltransferase?

Unser Körper bildet Enzyme wie z. B. DAO (Diaminoxidase) oder Methyltransferase, die Histamin abbauen können. Zudem kann Vitamin C Histamin oxidativ abbauen. Das Enzym DAO wird in großen Mengen in den Zellen des Dünndarms, aber auch in der Leber, den Nieren, in den Leukozyten und in der Plazenta einer Schwangeren produziert und verhindert als Schutzmechanismus an Ort und Stelle, dass Histamin in unnormalen Mengen die Darmschleimhaut passiert und ins Blutsystem gelangt. Um DAO produzieren zu können, ist das Spurenelement Kupfer und Vitamin B6 als Coenzym relevant.

Das Enzym Methyltransferase, was hauptsächlich in der Leber, aber auch in den Bronchien, der Magenschleimhaut und im zentralen Nervensystem vorhanden ist, baut vor allem das im Körper selbst produzierte Histamin ab. Allerdings hängt die Aktivität der Methyltransferase auch von dem Enzym DAO ab. Wenn zu wenig davon vorhanden ist, wird Methyltransferase gehemmt.

Was kann also den Histaminspiegel steigen lassen?

  • Nahrungsmittel mit hohem Histamingehalt
  • Nahrungsmittel, die als Histaminliberatoren gelten und Stoffe enthalten, die das Histamin freisetzen können
  • Nahrungsmittel mit hohem Gehalt an anderen biogenen Aminen, diese konkurrieren um das gleiche Abbau-Enzym (DAO)
  • Medikamente, die die Histaminfreisetzung steigern
  • Medikamente, die DAO blockieren
  • Produktion von zu wenig DAO-Enzym, z. B. aufgrund einer Dysbiose und/oder Entzündungen im Darm
  • Produktion von zu wenig Methyltransferase, aufgrund einer Leberbelastung oder zu wenig DAO

Einfluss hat auch:

  • Hormonersatztherapie und die Pille
  • chronische Übersäuerung des Körpers
  • Stress
  • Schwermetallbelastung und/oder Elektrosmog
  • Industrienahrung mit wenig Nährstoffen

Symptome, die auftreten können, wenn Histamin im Blut zu stark ansteigt:

  • Kopfschmerzen, Migräne, neurologische Auffälligkeiten (v.a. bei Kindern), Schwindel, Nebel im Kopf, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisverlust
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Verstopfung, Bauchkrämpfe, Blähungen, Magenkrämpfe
  • Hitzegefühl, Flush (Rötung im Gesicht), gerötete Hautstellen, Juckreiz, Ausschläge, Schwellungen, Akne, vermehrt Pickel und Mitesser, wunde Lippen, erhöhte Reaktion auf äußerliche Reize (nach Insektenstichen, Schmuck, Kosmetik usw.)
  • Schnupfen, Fließschnupfen, verstopfte Nase, Husten, Asthma, Schleimbildung, fiebriges Gefühl, Halsschmerzen
  • Blutdruckabfall, Bluthochdruck, Schweißausbrauch, Herz-Rhythmus-Störungen, Herzrasen
  • Benommenheit, Erschöpfung, Schlaflosigkeit, Kribbeln und Missempfindungen, Appetitlosigkeit oder vermehrter Appetit, innere Unruhe
  • depressive Verstimmungen, Depressionen, Stimmungsschwankungen, Hochsensibilität, Burnout, chronische Erschöpfung (Chronic fatique) und weitere psychische Störungen
  • Dysmenorrhoe und andere Erscheinungen, Zyklusstörungen, verstärktes Prämenstruelles Syndrom, wiederholte Blasenentzündungen
  • rheumatische und pseudorheumatische Symptome, Muskelverspannungen uvm.

Woran kannst du erkennen, dass du unter einer HIT leidest?

Wenn dir ein paar der genannten Symptome bekannt vorkommen und du gerne herausfinden möchtest, ob du unter einer Histaminunverträglichkeit leidest, ist die beste Möglichkeit, eine strenge Auslass-Diät für einige Wochen durchzuführen. Kommt es dadurch zu einer Verbesserung der Symptomatik, ist es nicht mehr von der Hand zu weisen.

Es gibt zurzeit auch zwei Untersuchungsmöglichkeiten. Man kann das DAO-Enzym im Blut messen oder den Histamingehalt im Stuhl. Allerdings sind beide Werte nicht sehr aussagekräftig. Deshalb rate ich tatsächlich in der Praxis zu einer Auslass-Diät der relevanten Lebensmittel.

Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Das wichtigste ist es, festzustellen, was genau die Ursache der Histaminose ist. Eine ausführliche Anamnese ist hilfreich: Welche Symptome treten auf? Wann treten die Symptome auf? Welche Medikamente werden eingenommen? Viele Medikamente haben einen großen Einfluss auf das Histamin, darunter Bekannte wie:

  • Schmerzmittel
  • Antibiotika
  • Herz-Kreislaufmedikamente uvm.

Es wird nicht ausreichen, nur auf histaminarme Ernährung umzustellen und ein paar Mikronährstoffe (Vitamin C, Kupfer, B6, Magnesium, Zink, Calcium) oder das Enzym DAO einzunehmen. Auch rate ich davon ab, das ganze ohne therapeutische Hilfe durchzuführen.

Folgende Ursachen könnten der Grund einer HIT sein:

  1. Probleme mit dem Darm durch
    – Dysbiose, das Ungleichgewicht der guten und schlechten Bakterien, insbesondere das Überhandnehmen der pathogenen Keime wie z. B. Helicobacter pylori, Clostridien, Yersinien, E-Coli u. a.)
    – schlechte Verdauungsleistung
    – Entzündungen der Darmschleimhaut, inkl. dem sogenannten durchlässigen Darm (Leaky Gut)
    – Overgrowth-Syndrom (Dickdarmbakterien sind in den Dünndarm gestiegen)
    – Candidose (Vermehrung von Hefepilz im Darm)
    – Parasiten im Darm
    – schlechter Zustand des Immunsystems im Darm
  2. Belastung der Leber
  3. schwaches Immunsystem
  4. schwankendes Hormonsystem

Als Expertin suche ich mit meinen Patientinnen Antworten auf die Fragen:

  • Wie ist der allgemeine Immunzustand?
  • Was könnte von außen und innen eine Auswirkung darauf haben? Allergien, Umweltfaktoren, Lebensstil, Psyche etc.
  • Wie arbeiten die Nebennieren?
  • Wie arbeitet die Schilddrüse?
  • Liegt eine Östrogendominanz vor?

Bleiben wir beim Östrogen.

Es wird vermehrt in der Zeit des Eisprungs ausgeschüttet. Somit ist es nicht überraschend, dass:

  • es zu verstärkten PMS Symptomen kommen kann,
  • vor der Menstruation Essensgelüste auftreten,
  • es gerade bei Frauen mit Östrogenüberschuß zu starken Regelschmerzen (Dysmenorrhoe) kommen kann,
  • es zu Problemen im ersten Schwangerschaftsdrittel durch den sofortigen Anstieg des Östrogens (Übelkeit, Erbrechen usw.) kommen kann. Leider dauert es eine Weile bis das DAO Enzym ansteigt.

Fazit

Wenn du unter einer HIT leidest und du herausgefunden hast, was die genaue Ursache deines Histaminproblems ist, kann es losgehen mit der richtigen Therapie und der Ernährungsumstellung. Eine Heilung beansprucht je nach Fall 6 Monate bis 2 Jahre, aber es lohnt sich, dran zu bleiben. Und irgendwann ist alles ausgeheilt und „frau“ kann eventuell sogar wieder histaminhaltige Lebensmittel mit in den Speiseplan integrieren.