Erst vor kurzem habe ich über die verzweifelte Suche nach dem richtigen Arzt berichtet. Leider ist es nämlich tatsächlich so, dass sich bei vielen seit einigen Jahren das ungute Gefühl eingeschlichen hat, bei den meisten Ärzten nicht gut aufgehoben zu sein. Im erwähnten Artikel habe ich eine Hilfestellung für die Suche nach dem passenden Arzt gegeben. Ist dieser erstmal gefunden, kommt es auf den richtigen Umgang für ein gutes Arzt-Patienten-Verhältnis an.
Du stellst dir jetzt wahrscheinlich die Frage: Was kann ich als hilfesuchender Patient schon falsch machen? Einiges! Denn auch wenn einige Ärzte vielleicht keinen Orden für Empathie und gute Kommunikation verdienen, liegt es nicht immer ausschließlich nur an ihnen. Die meisten Doktoren machen ihren Job schon sehr lange. Das bedeutet, sie haben schon einige Patienten behandelt und somit auch einige Erfahrungswerte. Mit absoluter Sicherheit schleichen sich da auch ein paar Vorurteile ein, denn auch wir „Leidenden“ sind nicht immer einfach. Wir erwarten viel, im besten Fall eine Diagnose und eine Patentlösung nach fünfminütigem Gespräch. Diese Lösung darf natürlich nicht beinhalten, dass wir dafür selbst irgendwas leisten müssen. Mitarbeit an der eigenen Gesundheit ist nicht unbedingt erwünscht. Außerdem schwindeln Patienten sehr gerne, oder sagen wir, sie umschreiben ihre Laster gern sehr blumig. Jetzt mal unter uns: Hast du auf einem Anamnesebogen schon mal ehrlich angegeben, wie viele Zigaretten du am Tag wirklich rauchst, oder wie viele Tassen Kaffee du wirklich trinkst? I doubt it.
Ein Arzt hatte über viele Jahre eine Unmenge an Patienten, die eine Blitzlösung erwarteten, keine Lifestyleveränderungen wollten, wahrscheinlich ihre Beschwerden nicht richtig erklären konnten und bestimmt auch das ein oder andere Laster unerwähnt ließen. Natürlich gibt ihm das nicht zwangsläufig das Recht, dich in die gleiche Patientenschublade zu stecken, aber wer ist schon vorurteilsfrei?
Jetzt ist es an dir, eine gute Patientin zu sein, um die bestmögliche Beziehung zu deinem Arzt aufzubauen und so die Hilfe zu bekommen, die du erwartest.
Tipps zum richtigen Umgang mit einem Arzt
Im letzten Artikel ging es um die ersten beiden Schritte,
jetzt folgen Nummer 3 und 4.
Let’s go!
- 1. Problem identifizieren
- 2. Arzt finden
- 3. Termin vorbereiten
- 4. richtig kommunizieren
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Termin vorbereiten!
Sehr wahrscheinlich bist du bisher einfach unvorbereitet zum Arzt gegangen. Das ist im Normalfall auch ok. Denn meistens geht man ja mit einem klaren Beschwerdebild in die Praxis. Bei Husten, Schnupfen, Grippe oder Fieber gibt es klare Symptome, die leicht zuzuordnen und zu behandeln sind. Das sieht allerdings ganz anders aus, wenn man während der Einnahme der Pille oder nach dem Absetzen mit Beschwerden kämpft. Meist sind das unspezifische Symptome, also keinem bestimmten Krankheitsbild zuzuordnen. Dieser Umstand macht die Diagnostik natürlich um einiges komplizierter. Deshalb ist es wichtig, dass du genau beschreiben kannst, wo der Schuh drückt und dem Arzt in der kurzen Zeit so viele verwertbare Informationen wie möglich geben kannst.
Letzte Woche habe ich dir bereits erklärt, wie du deine Beschwerden am besten identifizierst. Das ist die wichtigste Ausgangssituation, um deinem Arzt überhaupt richtig vermitteln zu können, was genau deine Symptome sind. Du musst sie wissen und erklären können. Falls du also den letzten Artikel nicht gelesen hast, hol‘ das am besten gleich nach.
Zusätzlich zu dem „Beschwerdetagebuch“, das ich dir letzte Woche empfohlen habe, solltest du folgende Informationen und Unterlagen bei einem „Erstgespräch“ dabei haben:
- Notizen zu deinen Beschwerden
(Liste deiner Beschwerden, genau definiert wie hier erklärt) - Familienanamnese
(Sei immer darauf vorbereitet, dass ein Arzt deine familiäre Vorgeschichte wissen möchte. Gab oder gibt es in deiner Familie Krebs, Thrombosen, Allergiker, Schilddrüsenprobleme, etc.?) - Blutbilder & Befunde
(Warst du vorher schon bei anderen Ärzten, bringe die dir vorliegenden Blutbilder und Befunde mit) - Liste aller Medikamente, die du nimmst oder in letzter Zeit genommen hast
(Dazu zählt auch die Pille, Antibiotika, Schmerzmittel, Nahrungsergänzungsmittel & Co.)
Wenn du aktuell die Pille noch nimmst, notiere dir bitte zusätzlich zu deinen Beschwerden noch folgende Informationen:
- Welches Präparat nimmst du?
- Wie lange nimmst du es schon?
- Stehen deine Beschwerden im Beipackzettel? (nimm ihn mit zum Termin)
- Hattest du vorher andere Präparate?
- Gab es da auch schon Beschwerden?
- Nimmst du sonst noch Medikamente? Wenn ja, welche?
Nutze die kurze Zeit!
Wenn du nicht gerade Privatpatient bist oder einen Termin bei einem Heilpraktiker hast, wird dein Termin sehr wahrscheinlich nicht länger dauern als 10 – 20 Minuten. Ärzte haben keine Zeit. Ihr Tag ist genau getacktet und das Wartezimmer meist voll. Du solltest dir also vorher überlegen, wie du deine Situation, deine Symptome, Beschwerden und die wichtigsten Infos zu deiner Vorgeschichte möglichst kurz und knapp erklärst. Hierzu sind deine Notizen schon mal sehr hilfreich. Solltest du aber – wie ich damals – eine ellenlange Liste mit Symptomen haben, dann schreib dir am besten die schlimmsten bzw. die für dich wichtigsten heraus, so dass du diese zuerst nennen kannst. Alles, was in deinen Augen nicht ganz so schlimm ist, kannst du immer noch nachträglich erwähnen.
Im besten Fall machst du dir vor dem Termin noch einen kleinen Spickzettel mit den wichtigsten Dingen, die du besprechen möchtest. Also die Top 10 deiner Symptome, alles was dir auf dem Herzen liegt oder Sorgen bereitet, und was du den Arzt unbedingt fragen möchtest. Diese Spickzettel wirken wahre Wunder, denn häufig haben Patientinnen das Problem, dass sie während Arztterminen irgendwie nervös werden. Außerdem haben manche Ärzte einfach so eine gewisse Aura, die leicht einschüchternd wirkt. Da passiert es leider sehr oft, dass man vergisst, was man eigentlich sagen oder fragen wollte. Das ist so ähnlich wie früher in der Schule mit der Prüfungsangst, auch da waren Spickzettel nützlich. 🙂
Notiere dir auch, was der Arzt sagt!
Ärzte sind auch nur Menschen und ab und zu auch vergesslich. Es lohnt sich also, wenn du dir aufschreibst, was ihr während eures Termins besprochen habt. Sehr wahrscheinlich hat er dir die weitere diagnostische Abklärung erklärt. Notiere sie! Falls dann bei den nächsten Terminen irgendetwas ausgelassen wird, kannst du ihn nochmal darauf ansprechen.
Wie sagt man so schön: „Gut vorbereitet, ist halb gewonnen!“
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Die richtige Kommunikation!
Wie eben schon kurz erwähnt, zählen Ärzte zu den Menschen, vor denen man von Haus aus einfach einen gewissen Respekt hat. Je distanzierter, bestimmter und machtvoller ein Arzt auf die Patientin zugeht, desto eingeschüchterter ist sie meistens. Das ist eine ganz natürliche Reaktion. Es gibt eben gewisse Berufsstände, denen man automatisch so viel Respekt entgegenbringt, dass es einen fast hemmt. Dazu gehören z.B. Richter, Anwälte, Politiker oder auch einige Promis.
Das Problem an dieser Situation ist aber, dass es die Kommunikation beeinträchtigt. So vergisst man teilweise, was man eigentlich berichten wollte, lässt wichtige Dinge aus, verschweigt unangenehme Fakten oder traut sich nicht, wichtige Rückfragen zu stellen. Noch schlimmer wird es, wenn man aus einer wirklich verzweifelten Situation heraus einen Arzt aufsucht. Gerade wir Frauen neigen dann leider dazu, leicht „hysterisch“, aufgelöst und panisch zu wirken. Genau das ist aber für einige Mediziner traurigerweise ein Grund, diese „Art“ Patientin in die Psychoschublade zu stecken. Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele Frauen sich in den letzten zwei Jahren genau mit diesem Problem bei mir gemeldet haben.
„Mein Arzt sagte, ich bilde mir die Symptome nur ein.“
„Mir wurde nicht weitergeholfen. Ich habe nur Antidepressiva bekommen.“
„Laut Arzt habe ich Panikattacken und eine klinische Depression. Ich wurde zum Psychater überwiesen.“
Wie geht man also richtig vor?
Um zu vermeiden, dass man von seinem Arzt nicht richtig ernst genommen wird, waren die ersten Schritte schon sehr wichtig. Alle bisher aufgeführten Tipps sollen dich dabei unterstützen, dich auf einen Arzttermin vorzubereiten. Hast du also deine Beschwerden identifiziert, Symptome notiert, deinen Zyklus beobachtet und die Unterlagen alle zusammengetragen, ist der Grundstein schon gelegt. Wichtig ist jetzt nur noch, dass du das, was du dir aufgeschrieben hast, richtig kommunizierst!
Hierbei solltest du auf folgende Dinge achten:
- Nutze deine Notizen und überlege dir, was du genau sagen möchtest.
Je gefasster, selbstbewusster und genauer du wirkst, desto ernster wird man deine Beschwerden nehmen. Kannst du sie genau beschreiben und dich sehr genau mitteilen, ist das nicht nur für die weitere Diagnostik hilfreich, sondern du vermittelst auch das Gefühl, dass du dich mit deiner Gesundheit und deinen Symptomen auseinandergesetzt hast. - Lass dich nicht einschüchtern und sag‘ immer die Wahrheit.
Jeder Mensch hat schlechte Angewohnheiten. Wenn du nach deinem Zigaretten- oder Alkoholkonsum gefragt wirst, oder auch nach deinen Ernährungs- und Trinkgewohnheiten, dann sei ehrlich. Weder dir noch dem Arzt bringt es etwas, wenn du ihm genau das sagst, was er vermutlich hören möchte. - Bleib sachlich!
Ich weiß selbst, wie schlimm es ist, wenn man von diversen vermeintlich unerklärbaren Symptomen geplagt wird. Es macht Angst, es lässt einen verzweifeln und man möchte um jeden Preis endlich Hilfe bekommen. Allerdings kommt man mit Tränen, Verzweiflung und einem mitleidserweckenden Auftritt beim Arzt meist nicht weiter. Je gefasster, sachlicher und genauer du eine Probleme erklärst, desto schneller kann er dir helfen. - Zeige Eigeninitiative!
Nachdem du sachlich und mit klaren Fakten berichtet hast, was dich beschäftigt, erkundige dich genau, wie es jetzt weiter geht. Welche Blut-, Stuhl-, Speichel- oder Urintests werden jetzt gemacht und wozu werden sie gemacht? Kannst du als Patient schon unterstützend etwas tun? Gib dem Arzt das Gefühl, dass du bereit bist, aktiv an deiner Gesundheit mitzuarbeiten. - Rückfragen
Trau dich ruhig, Fragen zu stellen. Es bringt absolut nichts, wenn du von einem Termin nach Hause kommst und absolut keine Ahnung hast, was eigentlich besprochen wurde. Lass dir erklären, was, wie und warum behandelt wird. Falls du Präparate oder Medikamente erhältst, erkundige dich gleich nach der richtigen Einnahme und nach möglichen Nebenwirkungen. So fühlst du dich sicherer und musst nicht nach zwei Tagen noch mal in der Praxis anrufen.
Was tun, wenn der Arzt trotz allem nicht hilft?
Es gibt in jedem Berufsstand Menschen, die ihre Berufung einfach verfehlt haben. Auch bei Ärzten. Leider passiert es durchaus auch mal, dass man an einen Mediziner gerät, der es mit der Patientenkommunikation nicht so genau nimmt, keine Untersuchungen anordnen möchte und vielleicht auch keine Rückfragen beantwortet. Das ist auch mir schon passiert.
Kleine Anekdote
Ich war wegen meinem wirklich schlimmen Schwindel bei einem naturheilkundlich orientierten Internisten. Der gute Mann hatte zudem auch noch ein Schmerzzentrum. Deshalb untersuchte er neben meinen Hormonen auch noch eventuelle Blockaden. Er fand eine, drückte ein bisschen an mir rum und als er fertig war, konnte ich meinen Kopf viel besser bewegen. Fast wie eine Eule.
Als ich ihn fragte, was er denn jetzt gemacht hätte, inwiefern das mit meinen Symptomen zusammenhängt und was es bringen würde, das weiter behandeln zu lassen, antwortete er folgendes: „Gute Frau. Wenn Sie ihr Auto kaputt in eine Werkstatt bringen, es reparieren lassen und anschließend einen funktionsfähigen PKW mit nach Hause nehmen… Fragen Sie die Mechaniker dann auch, was sie gemacht haben?“. Als ich diese Frage mit „Ja, definitiv. Zusätzlich würde ich auch noch fragen, wie ich verhindern kann, dass es noch mal kaputt geht!“ beantwortete, erklärte er mir nur, dass er für sowas jetzt keine Zeit hätte. Er habe lange genug Medizin studiert und weder Zeit noch Lust, mir das zu erklären.
Wenn die Chemie nicht stimmt..
Es gibt einfach Menschen, mit denen man eher weniger gut zurecht kommt. Genauso ist es auch bei Ärzten. Bei mir und meinem Automechaniker-Arzt war das wohl auch so. In diesem Fall sollte man sich nicht lange aufregen, sondern sich einen neuen Arzt suchen, bei dem man sich besser aufgehoben fühlt. Wenn alle Stricke reißen, kann man heutzutage auch so gut wie alle Laboruntersuchungen selbst in Auftrag geben, so lange man sie selbst bezahlt.
Die Suche nach dem richtigen Arzt ist wie die Suche nach dem richtigen Schuh.
Es ist nicht immer einfach, ihn zu finden und manchmal passt es auch einfach nicht. Hat man aber einmal den richtigen gefunden, trägt er dich zuverlässig durchs Leben. 🙂
Und hier gehts lang zum ersten Teil des Artikels: KLICK
Über die Autorin dieses Artikels
Isabel ist Gründerin von Generation Pille und Autorin der Bücher „ByeBye Pille“ und „Kleine Pille, große Folgen„. Ziel der Seite und jedem einzelnen Beitrag ist es, Frauen zu helfen, ihren Körper besser zu verstehen, Symptome zu deuten und sowohl körperliche als auch hormonelle Zusammenhänge zu begreifen. Der Fokus ihrer Beiträge liegt hierbei ganz klar auf den Themengebieten Frauengesundheit, Hormone, hormonelle Beschwerden und natürliche Verhütung.