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Eines sollte jedem bewusst sein, und das gilt für jedes Medikament: Nur weil etwas nicht auf dem Beipackzettel steht, bedeutet das nicht, dass es nicht trotzdem eine Beschwer dedurch das Medikament sein kann. Im speziellen Fall der Pille erinnern wir uns kurz daran, dass Risiken und Nebenwirkungen, die in den 60er- und 70er-Jahren noch abgestritten wurden, heute offiziell nachgewiesen sind.
Es ist also durchaus möglich, dass alles, was heute dementiert wird, in den nächsten 20 bis 30 Jahren auf den Packungsbeilagen der Zukunft zu finden sein wird. Auch Wissenschaftler sagen früher wie heute ganz offen, man könne immer noch nicht genau wissen, was diese Hormone anrichten. Als Betroffene kann man übrigens, unabhängig von seinem Arzt, aufgetretene Nebenwirkungen melden. Leider wissen das nur die wenigsten und melden sie deshalb auch nicht. Doch wenn Nebenwirkungen nicht gemeldet werden, wird sich nie etwas ändern.
Nicht ernst genommen?
Viele Frauen machen leider die frustrierende Erfahrung, mit ihren Beschwerden und Symptomen nicht richtig ernst genommen zu werden. Denn selbst wenn die von den Patientinnen geschilderten Leiden schwarz auf weiß auf einem Beipackzettel zu finden sind, scheint das vielen Ärzten noch nicht auszureichen. Auch hier wird um die Wette dementiert. In einigen Fällen ist der Respekt vor dem Mann in Weiß und seinem grenzenlosen Wissen so groß, dass Frau sich ihre Beschwerden einfach ausreden lässt. »Es liegt nie an der Pille, es liegt an uns.«
Woher kommt nur die Theorie, dass wir Frauen grundsätzlich nur psychosomatische oder gar eingebildete Beschwerden haben?
Ist die Libido verschwunden, rät man uns, die Beziehung zu hinterfragen, statt die Pille abzusetzen. Bei Schlafstörungen, Panikattacken oder Depressionen sollen wir Stress reduzieren und unser Leben auf den Kopf stellen – oder man überweist uns gleich zum Psychiater. Antidepressiva werden es schon richten.
Bei Risiken und Nebenwirkungen…
Leider ist auch das ein Phänomen, das sich schon über Jahrzehnte hält und einen ganz bestimmten Grund hat, der seinen Ursprung bei Gregory Pincus findet. Der Mann, der die erste Antibabypille entwickelt hat, wurde in den ersten Jahren nach der Markteinführung bereits mit Beschwerden und aufgetretenen Nebenwirkungen seiner Erfindung konfrontiert. Schon während der ersten klinischen Studie war er sich sicher, dass die Frauen das Problem waren und nicht seine Pille. Diese Einstellung behielt er bei und startete einen Versuch, der beweisen sollte, dass Frauen sich die Beschwerden nur einbilden. Hierzu teilte er eine Reihe von Damen in drei Gruppen ein.
Gruppe 1
Diesen Damen gab er die Pille, ohne sie über mögliche Nebenwi kungen aufzuklären.
Gruppe 2
Sie bekamen Placebos, also wirkunslose Pillen. Ihnen wurden aber die möglichen Risiken und Nebenwirkungen der Antibabypille genau erklärt.
Gruppe 3
Sie bekamen die Antibabypille und eine Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen.
Ergebnis: 6,3 Prozent der Frauen, die die Pille einnahmen, ohne vor Nebenwirkungen gewarnt worden zu sein, meldeten Beschwer- den. 17,1 Prozent der Placebogruppe hatten Symptome, obwohl sie gar keine Hormone genommen hatten. 23,3 Prozent der dritten Gruppe, die sowohl die echte Pille genommen hatten als auch über alle möglichen Begleiterscheinungen informiert worden waren, mel- deten heftige Nebenwirkungen. Natürlich gibt es sowohl einen Placebo- als auch einen Nocebo-Effekt. Das möchte ich absolut nicht abstreiten.
Schließlich ist die menschliche Psyche sehr stark, jeder wird diese Erfahrung schon einmal gemacht haben. Schlechte Laune und emotionale Probleme können sich durchaus auf den Körper auswirken. Redewendungen wie »Das ist ja zum Kotzen«, »Da läuft einem ja die Galle über« oder auch die »Laus, die jemandem über die Leber läuft« haben einen realen Hintergrund. Allerdings kann man diese eine Studie mit einer Handvoll Frauen nicht auf Millionen Anwenderinnen beziehen. Zumal man natürlich auch hier wieder nicht weiß: Wer waren die Probandinnen? Wie war deren gesundheitlicher Hintergrund? Wie lief die Studie genau ab?
Aber leider spielt das für viele keine Rolle. Seit diesem Versuch sind Frauen als Hypochonder abgestempelt, was wir auch heute, 54 Jahre später, noch zu spüren bekommen. Wie heißt es doch so schön? »Ich glaube keiner Statistik, die ich nicht selbst gefälscht habe«. Diesen Satz kann man durchaus auch auf Studien übertragen.
Selbst wenn Pincus’ Schlussfolgerungen richtig wären und wir Frauen diese schlimmen, lebensbeeinträchtigenden Symptome über unsere Psychosomatik selbst herbeiführen oder uns einbilden würden, mindert das doch nicht den Handlungsbedarf!
Laut Duden bezeichnet die Psychosomatik die »Bedeutung psychischer Vorgänge für die Entstehung und den Verlauf von Krankheiten«. Es handelt sich also um reale, spürbare, körperliche Symptome, die durch psychische Vorgänge entstanden sein können. Vielleicht haben wir unterbewusst eine Abneigung gegen das Manipulieren unseres natürlichen Zyklus, vielleicht stört es die weibliche Psyche, künstlich unfruchtbar gemacht zu werden. Wer weiß das schon? Aber mal angenommen, alle Beschwerden, die Frauen in ihrem Leben durch die Pille hatten, waren psychosomatischer Ursache, macht es denn die Symptome weniger schlimm?
Eher nicht! Sobald die Ursache mit der Einnahme der Pille zusammenhängt, ob psychosomatisch oder nachweislich körperlich: Die Beschwerden sind da, sie sind teilweise unerträglich, und niemand sollte sie akzeptieren!
Ende der Diskussion.
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Dies ist ein Auszug aus meinem Buch „Kleine Pille, große Folgen„. Mehr über die Geschichte der Antibabypille, der Wirkung auf den weiblichen Körper, das Handeln der Gynäkologen, viele Geschichten Betroffener und vieles mehr findest du im Buch. Weitere Informationen zu „Kleine Pille, große Folgen“ und auch den Unterschied zu „ByeBye Pille“ findest du hier.
Über die Autorin dieses Artikels
Isabel ist Gründerin von Generation Pille und Autorin der Bücher „ByeBye Pille“ und „Kleine Pille, große Folgen„. Ziel der Seite und jedem einzelnen Beitrag ist es, Frauen zu helfen, ihren Körper besser zu verstehen, Symptome zu deuten und sowohl körperliche als auch hormonelle Zusammenhänge zu begreifen. Der Fokus ihrer Beiträge liegt hierbei ganz klar auf den Themengebieten Frauengesundheit, Hormone, hormonelle Beschwerden und natürliche Verhütung.