Kennst du das auch? Dein Bauch ist gebläht und du fühlst dich müde, schlapp und hast das Gefühl, „Watte im Kopf“ zu haben. Spätestens dann solltest du dich auf die Suche nach der Ursache machen. Vielleicht weist sie in Richtung Dünndarmbefehlbesiedelung.

Dünndarmfehlbesiedlung , was ist das?

Unter einer Dünndarmfehlbesiedlung (SIBO – Small Intestinal Bacterial Overgrowth) leidest du, wenn Bakterien aus dem Dickdarm in den Dünndarm gelangt sind. In der Zwischenzeit ist es so, dass 70 % der von Reizdarm Betroffenen unter einer solchen Fehlbesiedlung leiden, die häufig jedoch unerkannt bleibt.

Beschwerden die auf eine SIBO hinweisen

Oft sind es Symptome, die nicht gleich an eine SIBO denken lassen, wie Durchfälle, Bauchschmerzen, massive Blähungen. Gerade die Art von Blähungen, die weder nach oben durch Rülpsen, noch nach unten durch Pupsen abgehen. Wir haben das Gefühl, im 7. Monat schwanger zu sein. Bauchkrämpfe, aber auch Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Konzentrationsprobleme. Viele Patient:innen beschreiben auch eine Art „Wolke oder Watte im Kopf“ zu haben. Begleitend zeigt sich im Blutbild zusätzlich eine Unterversorgung von Mineralstoffen und Vitaminen.

Was passiert in unserem Darm?

Bei einer SIBO haben sich Milchsäurebakterien, die eigentlich im Dickdarm leben, im Dünndarm angesiedelt. Dort fermentieren diese Lakobakterien (Milchsäurebakterien) Kohlenhydrate (Stärke, Zucker) und produzieren dabei Unmengen von Gas, welches uns diese Beschwerden verursacht. Dabei kann eine sogenannte D-Milchsäure entstehen, die im Gegensatz zur L-Milchsäure, die normalerweise bei unseren Stoffwechselprozessen entsteht, nur schwer vom Körper abgebaut werden und gelangt häufig über die Darmschleimhaut ins Blut. Unser Blut wird dadurch regelrecht übersäuert und es entsteht eine Laktatazidose – eine Übersäuerung durch Milchsäure.

Diese Übersäuerung kann dann auch zu den vorher beschriebenen Konzentrationsproblemen oder eben diesem Wattegefühl führen. Leider (be)hindern diese Bakterien auch noch die Verdauungsenzyme im Dünndarm an ihrer Arbeit, sodass die Nahrung unverdaut in den Dickdarm gelangt und so dort vor sich hin fault, was für Verdauungsprobleme verbunden mit Blähungen sorgt. Der „Supergau“ ist perfekt!

Diagnostik als erster Ansatz

Um eine SIBO festzustellen, gibt es einen Goldstandard – den Atemgastest mit Lactulose. Dieser Test wird in dafür spezialisierten Laboren durchgeführt. Es sollte unbedingt auf ein Fachlabor geachtet werden. Die Vorbereitung ist schon etwas aufwendig, da

  • einen Monat vor dem Test keine Antibiotikabehandlung erfolgt sein darf,
  • eine Woche vorher auf Pro-/Präbiotika, Phytotherapeutika, aber auch Antimykotika verzichtet werden muss,
  • einen Tag (24 Stunden vorher) bis zu einer Stunde vorher auf bestimmte Nahrungsmittel verzichtet bzw. 12 Stunden vorher gefastet werden muss, damit man auch ein aussagekräftiges Ergebnis erhält und
  • auch während der Testdurchführung die Zähne nur mit Wasser geputzt werden dürfen, nicht geraucht, während des Tests nicht geschlafen und auch keine sportliche Aktivität durchgeführt werden darf.

Du siehst, diese Untersuchung erfordert eine sehr genaue Vorbereitung als auch Durchführung. Was bei allen Untersuchungen die größte Fehlerquelle überhaupt birgt, die gerade beschriebene Präanalytik.

Warum testen mit Lactulose?

Lactulose wird erst am Ende des Dünndarms fermentiert und zwar ausschließlich von den dort vorhandenen (fehl-angesiedelten) Dickdarmbakterien. Diese produzieren entweder Methan und/oder Wasserstoff, sodass ein Vorhandensein dieser Gase in der Ausatemluft ein deutlicher Hinweis ist, in welchem Abschnitt des Dünndarms sich diese Bakterien bereits befinden und welches Bakterium  diese Gase (häufig beide) produziert.

Therapiemöglichkeiten gegen die SIBO – mit Kräutern und Ölen oder mit Antibiotikum?

Im Mai 2014 erschien eine in Amerika durchgeführte Studie, welche die Wirkung des klassischen Antibiotikums für diese Thematik, nämlich Rifaximin, mit der Wirkung von pflanzlichen Alternativmitteln verglich. Nach 4-wöchiger Behandlung zweier Vergleichsgruppen hat die pflanzliche Alternative mit einem 46 %-igen Erfolg, die Antibiotikum-Gruppe hingegen nur mit einem 34 %-igen Erfolg abgeschlossen. Warum also ein Antibiotikum einsetzen, welches Resistenzen hervorrufen kann und ursprünglich für die Behandlung von Tuberkulose eingesetzt und entwickelt wurde?!

Gerade die Resistenzbildung nimmt ein immer größeres Problem bei der Behandlung verschiedener Erkrankungen ein. Resistente Bakterien, man sagt auch unempfindliche Bakterien, werden durch Antibiotika nicht mehr abgetötet oder in ihrem Wachstum nicht ausreichend gehemmt. Warum also nicht gleich auf eine wirksamere, effektivere und auch natürliche Methode setzen? Darüber hinaus ist keine Resistenzbildung bei Aromaölen bekannt.

Welche Kräuter und Öle kommen zum Einsatz?

Es zeigt sich heute immer deutlicher, dass gegen die SIBO eine Kombination aus Allicin (Knoblauchöl) sowie Berberin, Oregano, Thymian, Estragon und Olivenbaumblätter, aber auch prokinetische Mittel, also Mittel, welche die Darmperistaltik anregen und den Inhalt in die richtige Richtung (Anus) aktivieren, wirksam sind.

Zuzsätzlich hilfreich ist es, in dieser Zeit für 4 – 6 Wochen eine FODMAP-arme Ernährung einzuhalten. Diese nimmt den Bakterien das Futter, welches Gase produzieren lässt. So kommt es dadurch bereits recht schnell zu einer Besserung der Symptomatik.

Du kennst FODMAP nicht?

Die Abkürzung FODMAP steht für: Fermentable, Oligosachharides (z.B. Fruktane und Galaktane), Disaccharides (z.B. Laktose), Monosaccharides (z.B. Fruktose) And Polyols (z.B. Sorbit, Maltit, Xylit). Also bestimmte Zucker- und Alkoholverbindungen, die in Lebensmitteln enthalten sind.

Es ist allerdings nicht angeraten, diese Ernährung dauerhaft durchzuführen, sondern bitte nur vorübergehend. Denn nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch im Darm lieben wir die Diversität.

Kommen wir zur Ursache der SIBO

Um eine Dünndarmfehlbesiedlung als einmalige Erkrankung in den Griff zu bekommen, ist die Suche nach der Ursache von wesentlicher Bedeutung. Es können folgende Grunderkrankungen zugrunde liegen, die es im 2. Schritt natürlich anzugehen gilt:

  • Candida Befall (in meiner Praxis eine der häufigsten Ursachen)
  • Hypothyreose
  • Pankreasschwäche
  • reduzierte Magensäureproduktion – dadurch entsteht eine Dysbiose, die zu massiven Grundblähungen führt. Diese Gase öffnen die Ileozäkalklappe (eine Art funktioneller Verschluss zwischen Dick- und Dünndarm)l, die eigentlich dafür sorgt dass, Bakterien aus dem Dickdarm nicht in den Dünndarm einwandern.
  • übererregtes vegetatives Nervensystem – der permanent hoch gefahrene Sympathikus (der in Stress- und Notfallsituationen aktiviert wird) sorgt für eine zu geringe Ausschüttung von Verdauungssäften. Für unsere Verdauung benötigen wir Ruhe (der Parasymphatikus muss arbeiten).

Ob es sich um eine Dünndarmfehlbesiedlung handelt, lässt sich, wie oben beschrieben, nur eindeutig durch einen geeigneten Atemgastest herausfinden. Ich unterstütze dich gern auf dem therapeutischen Weg in seiner ganzen Komplexität, denn sollte der Test negativ sein, gilt es ja für deine Beschwerden eine andere Ursache zu finden.

„Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“

A. Schopenhauer