Ob du das erste Mal zu einem Heilpraktiker bzw. einer Heilpraktikerin gehen möchtest oder schon bei einigen gewesen bist und für dein aktuelles Problem einen Spezialisten suchst – am Praxisschild alleine erkennst du nicht, ob du jemanden mit Kompetenz vor dir hast. Ungefähr 45.000 Heilpraktiker und Heilpraktikerinnen bieten in Deutschland ihre naturheilkundlichen Dienstleistungen an. Im Folgenden erhältst du meine Tipps für eine erfolgreiche Suche.
(Aus Gründen der besseren Lesbarkeit schreibe ich in der generischen Form der Berufsbezeichnungen, wie z. B. „Heilpraktiker“ oder „Therapeut“.)
Tipp 1: Suchmöglichkeiten
Früher war es ganz einfach: Da hat man in seinem Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis herumgefragt und eine persönliche Empfehlung bekommen. Das funktioniert auch heute oft noch so. Trotzdem führen viele Patienten auch eine eigene Recherche im Internet durch. Da gibt es die klassische Google-Suche, bei der man teilweise auch Bewertungen der angezeigten Praxen findet. Außerdem kann über reine Bewertungsportale wie jameda oder sanego gesucht werden. Online-Bewertungen sind teilweise umstritten, da die Aussagen nicht nachprüfbar sind.
Weiterhin gibt es diverse Branchenportale wie z.B. therapeuten.de, heilnetz.de, therapeutenfinder.com u. a., auf denen sich Heilpraktiker und andere Therapeuten ein mehr oder weniger ausführliches Profil einrichten können. Auch die verschiedenen Heilpraktikerverbände führen eine Übersicht ihrer Mitglieder mit Angabe von Schwerpunkten. Die Zugehörigkeit zu einem Verband gibt die Sicherheit, dass Kollegen dort regelmäßig aktuelle berufspolitische Nachrichten erhalten, Fachfortbildungen angeboten und nachgewiesen werden sollen und bei Beschwerden der Verband der Praxis einen Besuch abstatten kann.
Tipp 2: Qualifikation
Die meisten Heilpraktiker haben eine eigene Homepage, auf der du viele Informationen finden kannst. Alle tätigen Heilpraktiker haben eine vom Gesundheitsamt erteilte behördliche Erlaubnis zur Ausübung ihres Berufes. Dafür haben sie eine schriftliche Prüfung abgelegt, die bundesweit einheitlich ist und eine mündliche Überprüfung vor dem Amtsarzt folgt. Die Ausbildung selbst ist zurzeit leider noch nicht gesetzlich geregelt. Es lohnt sich daher genau hinzuschauen, wo der Heilpraktiker die Ausbildung absolviert hat und welche zusätzlichen Ausbildungen absolviert wurden bzw. ob auch länger andauernde Weiterbildungen darunter sind (z. B. eine mehrmonatige bzw. mehrjährige Osteopathie- oder Frauenheilkundeausbildung).
Die regelmäßige Fortbildungspflicht ist in der Berufsordnung geregelt. Falls dies auf der Webseite nicht erkennbar ist, frage danach in einem ersten Telefonat.
Tipp 3: Spezialisierung
Wie ist die grundsätzliche Ausrichtung des Therapeuten: Arbeitet er eher wissenschaftlich fundiert oder spirituell bzw. kombiniert er ggf. beide Herangehensweisen?
Je nach Problemstellung möchtest du sicherlich einen Heilpraktiker finden, der sich gut mit der Thematik auskennt und dir helfen kann. Nur selten musst du dafür wissen, welche Therapie der Heilpraktiker anwendet. Abgesehen von wenigen therapeutischen Ausrichtungen wie chinesische Medizin (Akupunktur), Osteopathie oder Homöopathie, die die meisten kennen, gibt es viele naturheilkundliche Therapieformen, die den Patienten häufig unbekannt sind. Was nicht heißt, dass sie nicht wirksam sind! Sinnvoll ist es daher, nach Heilpraktikern zu suchen, die sich mit deiner Problematik auskennen, z. B. auf Hormone, Kinderwunsch oder Stressmedizin spezialisiert sind. Das Thema wurde auch bereits in diesem Artikel thematisiert: „Verzweifelte Suche: So findest du den richtigen Arzt!“
Tipp 4: Angebot Informationsgespräch
Wenn du einen Heilpraktiker gefunden hast, der dir „richtig“ erscheint, kann es sein, dass du trotzdem noch ein paar Fragen hast, z. B. zu den Kosten, die auf dich zukommen oder zu bestimmten Therapieverfahren oder Herangehensweisen. Ein guter Heilpraktiker wird immer ein kostenfreies Telefonat anbieten, in dem diese Fragen geklärt werden können. Dies sollte sich im Rahmen von 10-15 Minuten bewegen – deine detaillierte Krankheitsgeschichte gehört nicht hierher. Es dient nur dazu, dass du bestimmte noch fehlende Informationen und schon mal ein „Gefühl“ für den Therapeuten bekommst.
Im besten Fall erhältst du nach einer telefonischen Terminvereinbarung auch eine schriftliche Terminbestätigung mit wichtigen Unterlagen wie Informationen zum Ablauf in der Praxis, den Behandlungsvertrag und die Datenschutzverordnung sowie evtl. auch bereits einen Fragenbogen für das Erstgespräch (Anamnese). Das spart Zeit und Aufwand beim ersten Termin.
Tipp 5: Behandlungskosten
Leistungen der Alternativ- oder Komplementärmedizin müssen i. d. R. selbst bezahlt werden – die gesetzliche Krankenkasse übernimmt diese Kosten nicht. Selbst bei Privatversicherten wird längst nicht alles übernommen. Auch eine Heilpraktiker-Zusatzversicherung deckt oft nur einen Teil der Summe ab. Diese Kassen halten sich an die Vorgaben des Gebührenverzeichnisses für Heilpraktiker (GebüH) aus dem Jahre 1985 (!!!). Dieses Verzeichnis ist nicht bindend, und um wirtschaftlich arbeiten zu können, haben viele Heilpraktiker einen eigenen Katalog erstellt oder rechnen nach Zeit ab.
Oft kommen zur reinen Behandlung auch noch die Kosten für Labordiagnostik und entsprechende Arzneimittel. Erkundige dich auch nach Ratenzahlung oder Rabatten für Geringverdiener oder Studenten. Gesetzlich Versicherte erhalten meistens eine nicht weiter spezifizierte Rechnung, die jedoch ggf. am Jahresende bei der Steuer geltend gemacht werden kann (Steuerberater fragen). Privatversicherte erhalten eine Rechnung nach GebüH, die in den Beträgen jedoch stark abweichen kann.
Tipp 6: Ausstattung der Praxis
Äußere Statussymbole wie eine großzügige Praxis, beste Wohngegend oder teure Apparate müssen kein Indiz für Qualität sein. Vielmehr solltest du auf folgendes achten: Stimmt die Terminorganisation und das Zeitmanagement oder musst du lange warten? Ist das Personal freundlich? (falls vorhanden, viele Heilpraktiker arbeiten alleine in der Praxis). Ist die Praxis sauber und aufgeräumt, werden die Hygieneregeln eingehalten? Fühlst du dich wohl in den Räumlichkeiten, sind sie angenehm gestaltet? Bekommst du etwas zu trinken angeboten? Es ist wichtig, dass du dich dort gut aufgehoben fühlst, da das maßgeblich zum Erfolg einer Behandlung beiträgt.
Tipp 7: Kommunikation und Auftreten
Das persönliche Auftreten des Heilpraktikers und sein Kommunikationsverhalten entscheidet über Sympathie oder Antipathie. Wirst du freundlich begrüßt? Hat er ein herzliches und respektvolles Auftreten? Nimmt er sich ausreichend Zeit für das Gespräch? Kann er gut zuhören und lässt dich ausreden? Führt er das Gespräch und erklärt er Zusammenhänge? Auch so, dass du sie verstehst? Wirst du ermutigt, Fragen zu stellen? Wird auch mal gelacht im Verlauf der Behandlung oder ist alles „bierernst“? Frage dich am besten nach dem Gespräch, ob du dich dem Heilpraktiker gegenüber öffnen und deine Probleme und Ängste ansprechen konntest.
Tipp 8: Anamnese und Diagnose
Vor Beginn jeder Behandlung sollte es immer ein ausführliches Gespräch (Anamnese) geben, das 1 – 2 Stunden dauern kann. Auch in der heutigen Zeit sollte dies persönlich und vor Ort geführt werden – in einer Videokonferenz gehen etliche Faktoren verloren, die für eine Diagnose wichtig sein können. Die Anamnese besteht aus den bereits vorhandenen medizinischen Daten und den persönlichen Schilderungen des Patienten. Es sollten auch alle ärztlichen Diagnosen und Befunde wertfrei mit einbezogen werden. Wie du dich gut auf das erste Gespräch vorbereiten kannst, findest du in unserem Beitrag „Tipps zum richtigen Umgang mit einem Arzt“. Welche Diagnoseverfahren der Heilpraktiker anwendet, kann sehr unterschiedlich sein. Neben Labordiagnostik und einer körperlichen Untersuchung gibt es auch naturheilkundliche Diagnoseverfahren wie z. B. die Antlitz- oder Irisdiagnose, Kinesiologie, Zungen- und Pulsdiagnose u. a.
Am Ende des Anamnesegesprächs solltest du über das weitere Vorgehen sowie anfallende Kosten aufgeklärt werden. Achte darauf, ob sich die Diagnose und Therapievorschläge ganzheitlich auf Körperzusammenhänge richtet und evtl. die Psyche und Lebensumstände mit einbezieht. Ist der Heilpraktiker darauf ausgerichtet, die Ursache für deine Beschwerden zu finden, oder verschreibt er nur „Mittelchen“ zur Beseitigung der Beschwerden („Symptomorientiert“). Erklärt er sein Vorgehen bei bestimmten Behandlungen im Vorfeld? Akzeptiert er es auch, wenn du bestimmte Vorschläge ablehnst? Macht er alternative Vorschläge?
Tipp 9: Einstellung zur Schulmedizin und die Grenzen
Lehnt der Heilpraktiker die Schulmedizin kategorisch ab und macht sie sogar schlecht? Das ist ein Ausschlusskriterium. Die Schulmedizin ist Basis für die Ausbildung eines Heilpraktikers und entsprechendes Wissen Voraussetzung für eine gute Ausübung des Berufes. Klassische Schulmediziner und auch andere Kollegen sollten nicht „schlecht geredet“ werden. Es sollte immer eine neutrale Beratung erfolgen.
Der Heilpraktiker sollte auch seine Grenzen der beruflichen Ausübung kennen (meldepflichtige Krankheiten, verschreibungspflichtige Medikamente etc.). In bestimmten Situationen kann es wichtig sein, dass er auf die schulmedizinische Abklärung von Symptomen besteht. Evtl. arbeitet er auch mit anderen Heilpraktikerkollegen zusammen, an die er dich verweist, wenn aus seiner Sicht die Behandlung durch eine andere Therapie unterstützt oder ersetzt werden sollte, die er selber nicht ausübt.
Tipp 10: Heilversprechen – ein „No-Go“
Aussagen wie „Ich kann Sie auf jeden Fall heilen“ widersprechen dem beruflichen Selbstverständnis und ethischem Handeln. Ein seriöser Therapeut macht klar, dass er nach besten Wissen und Gewissen handelt, die Heilung jedoch nicht in seiner Hand liegt. Er wird ebenfalls deine Mitarbeit einfordern, was eine entsprechende Umsetzung der gemeinsam besprochenen therapeutischen Vorgehensweise beinhaltet.