Schon wieder brennt es beim Wasserlassen oder drückt im Unterbauch? Einfache Harnwegsinfekte kommen häufig vor. Viele Frauen sind immer wieder davon betroffen. Natürlich bekommen auch Männer Blasenentzündungen, aber wesentlich seltener. Das hat einen einfachen anatomischen Grund. Die Harnröhre der Frau ist sehr viel kürzer und dadurch tragen sich leichter und schneller Keime ein, die die typischen Beschwerden verursachen können wie Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen, ständiger Harndrang mit wenig Urinmenge, häufiges Wasserlassen und Druck im Unterbauch.
Diagnose
Diagnostiziert wird der einfache Harnwegsinfekt in der Regel über die üblichen Urinsticks. Hier zeigen sich meist die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und das Nitrit (Erregerbefall) erhöht, aber auch Eiweiß und rote Blutkörperchen (Erythrozyten) können im Urin nachweisbar sein. Es gibt allerdings auch Blasenentzündungen, die auf dem Stick nicht gleich erkennbar sind, da es zum Beispiel Bakterien gibt, die kein Nitrit als Stoffwechselprodukt bilden, so zum Beispiel Staphylokokken und Enterokokken. Im Zweifel kann der Urin im Labor auf entsprechende Keime untersucht werden.
Unspezifische Beschwerden
Immer häufiger begegnen mir aber auch Patientinnen, bei denen die typischen Symptome fehlen. Dies kommt bei chronischen Blasenentzündungen vor. Hier zeigen sich eher unspezifische Beschwerden wie
- Rückenschmerzen
- Abgeschlagenheit und Leistungsabfall
- ständig wiederkehrende Infekte
Hierfür sind nicht nur die Keime verantwortlich, sondern die schwache Abwehr der Patientin, das gestörte Milieu. Oft kommt es auch nach mehrmaligen Gaben von Antibiotika zu diesem Phänomen. Auch rezidivierende andere Infekte sind anzutreffen.
Die häufigsten Gründe einer Harnwegsentzündung
- zu wenig trinken
- „Honymoon-Cystitis“
- Kälte
- falsche Hygiene
- pH-Wert-Verschiebungen
- veränderte Darmflora
Behandlung und Vorbeugung
Eine alternative Behandlung und Vorbeugung von Harnwegsinfekten bauen darum auf verschiedene Säulen. Zum einen ist die Durchspülung wichtig, darüber hinaus aber auch die Aktivierung der körpereigenen Abwehrkräfte und die antibakterielle Harndesinfektion. In der Regel werden auch entkrampfende Präparate gegeben.
In der Phytotherapie stehen hierfür verschiedene Pflanzen und Mischungen zur Verfügung. So genannte „pflanzliche Antibiotika“ wirken desinfizierend auf den Harn. Hierzu gehören neben Preiselbeeren (Vaccinium vitis-idaea) die Bärentraube (Uva ursi), der purpurfarbene Sonnenhut (Echinacea purpurea) sowie die Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus) und der Meerrettich.
Meerrettich
Der Meerrettich gilt als „pflanzliches Antibiotikum“ der Küche. Er kann frisch gerieben auf Salat oder Brot oder mit Apfel und Sahne verfeinert pur gegessen werden. Auch das Trocknen von Meerrettich-Chips ist möglich. Hierzu wird die weiße scharfe Wurzel geschält und in kleine dünne Scheiben geschnitten. Sie werden bereits bei dieser Verarbeitung die starke Wirkung der ätherischen Öle spüren. So getrocknet ist der Meerrettich ca. ein Jahr verwendbar. Er kann eben nicht nur innerlich über Nahrung oder als Dragee und Tablette, sondern auch äußerlich angewendet als Auflage angewendet werden.
Kapuzinerkresse
Die Kapuzinerkresse (Tropaelum majus) wächst in Gelb-, Orange- und Rottönen blühend in unseren Gärten. 2013 war sie die Arzneipflanze des Jahres. Bei Untersuchungen hat sich ergeben, dass sie nicht nur wirksam gegen Bakterien ist, sondern auch Viren und Pilzen den Kampf ansagt. Die wohlschmeckenden Blätter und Blüten finden ihrem Platz in so manchem Wildkräutersalat. Sie wird auch als Teil verschiedener Fertigarzneimittel als Extrakt oder in Tablettenform angeboten.
Beerentraubenblätter
Oft werden die Bärentraubenblätter als Harndesinfektionsmittel verwendet. Uva ursi ist ein Erikagewächs und wurde früher als Tee getrunken. Heute kommt die Pflanze vor allem als Dragee zur Anwendung. Der Tee wird im Kaltauszug hergestellt und sollte wegen der enthaltenen Gerbstoffe nicht zu lange getrunken werden
Echinacea
Echinacea, der purpurfarbene Sonnenhut, ist nicht nur ein Mittel für rezidivierende Infekte der oberen Luftwege, sondern wird auch bei wiederkehrenden Entzündungen der ableitenden Harnwege empfohlen. Das heilende Kraut wird nicht nur bei akuten Infekten verwendet, sondern ist schon ein lange bewährtes Mittel zur Steigerung der körpereigenen Abwehr. Echinacea ist in Drageeform erhältlich oder wird als Tinktur verordnet. Achtung bei Allergien und Autoimmunerkrankungen, hier bitte Rücksprache mit Arzt/Heilpraktiker halten.
Goldrute
Als durchspülende und nierenstützende Pflanze ist die Goldrute zu nennen. Man gab sie nicht nur bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege, sondern auch bei verminderter Harnmenge. Solidago wird als Dragee, Tee, Extrakt oder Tinktur auch bei Blasenschwäche, Nierensteinen, Gicht oder zur Wundheilung verwendet. Der Auszug wirkt harntreibend, schmerzlindernd und schwach krampflösend.
Brennnessel
Eine der wichtigsten Pflanzen bei der Durchspülung der ableitenden Harnwege ist die Brennnessel. Jeder kennt diese Heilpflanze und lässt man sie wachsen, macht sie sich anspruchslos und ausdauernd breit. Dabei sollte die Brennnessel mit ihren herausragenden Eigenschaften einen Ehrenplatz in unserer Natur, den Parks und Gärten haben. Die Urtica dioica und urens, wie der lateinische Name der großen und kleinen Brennnessel lautet, enthält viele wertvolle Wirkstoffe. Ihr werden harntreibende, entwässernde, steinbrechende und blutreinigende Eigenschaften zugeschrieben.
Acker- und Gartenunkraut
Die wenigsten wissen, dass auch ein bekanntes Acker- und Gartenunkraut ein hervorragendes Diuretikum darstellt, die Quecke. Sie wurde schon von unseren Vorfahren als Mittel bei Nierenschmerz und Steinleiden verwendet. Sie sollte auf keinen Fall bei der Durchspülung bei entzündlichen Blasenerkrankungen vergessen werden.
Wacholder
Der Wacholder gehört zu den Zypressengewächsen und kommt fast auf der ganzen Welt in Mooren und lichten Wäldern vor. Die Tinktur aus den Wacholderbeeren wirkt nicht nur harndesinfizierend, sondern auch ausgezeichnet spasmolytisch (entkrampfend). In Kombination mit Buccoextrakt, Kapuzinerkresse, Birkentinktur, Ackerschachtelhalm, Queckenwurzel oder Liebestöckelextrakt kann der Wacholder zur Durchspülung bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege benutzt werden. Bei chronischen und zu Rezidiven neigendem Verlauf bieten sich Mischungen mit Goldrute, Schafgarbe oder Thymian an.
Schafgarbe
Die Schafgarbe (Achillea millefolium) ist eine einheimische ausdauernde Pflanze. Das weiß blühende Heilkraut wirkt entzündungshemmend und entspannend auf spastische Zustände im kleinen Becken. Außerdem wirkt es positiv auf die Wasserausscheidung und ist gerade in dieser Kombination so gut zur Behandlung von Blasenentzündungen geeignet.
Ackerschachtelhalm
Eine weitere harntreibende Pflanze ist der Ackerschachtelhalm. Equisetum arvense wird nicht nur bei akuter Zystitis verwendet, sondern auch bei chronischer Blasenreizung. Die einheimische Pflanze kommt in Europa, Nordasien, Nordamerika und Nordafrika vor und gilt vor allem als lästiges Ackerunkraut. In der Pflanzenheilkunde werden die frischen oder getrockneten Sprossen verwendet, die viel Kieselsäure und Flavonoide enthalten. Man kann das Zinnkraut, wie es auch genannt wird, gut für Sitzbäder verwenden. Auch die Kamille eignet sich als entzündungshemmendes Mittel für Sitzbäder.
Birke
Die diuretische Wirkung der Birke ist mittlerweile wissenschaftlich gesichert. Der Birkenblättertee wird nicht nur als harntreibendes Mittel bei Blasenentzündungen verwendet, sondern ist auch oft Bestandteil von Teemischungen, die zum Ausleiten anderer harnpflichtiger Substanzen (die ausgeschieden werden müssen) dienen.
Liebstöckel
Nicht nur durchspülend, sondern auch spasmolytisch wirkt der Liebstöckel (Maggikraut). Die bis zu 2 m hohe Pflanze ist nicht nur bekanntes Küchen- und Gewürzkraut, sondern war schon unseren Vorfahren als wichtiges Mittel bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege sowie zur Vorbeugung von Nierengrieß bekannt.
Indischer Nieren- und Blasentee
Eine sehr bekannte Mischung zur Behandlung von Blasenentzündungen ist der Indische Nieren- und Blasentee. Er wird für Aufgüsse und Zubereitungen genutzt, die die Harnsäureausschüttung anregen. Außerdem findet sie Anwendung bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen der Harnorgane.
Cranberry
In den letzten Jahren kam zur Vorbeugung und Behandlung von Entzündungen der Blase immer öfter auch die Cranberry, die Moosbeere, ins Gespräch. Die vor allem in Nordamerika kultivierte Pflanze wird frisch, getrocknet, als Pulver, Saft oder in Kapseln angeboten. Die Cranberry enthält viel Vitamin C, Vitamin A und verschiedene Antioxidantien.
Nieren- und Blasenteemischung
In vielen Drogerien, Reformhäusern und natürlich Apotheken gibt es fertige Nieren- und Blasenteemischungen. Somit ist eine schnelle und gezielte Behandlung auch ohne viel Aufwand für den Patienten möglich. Aber eine individuell zusammengestellte Mischung kann gezielt für die jeweiligen Beschwerden zusammengestellt werden.
Begleitende Maßnahmen
Hierbei seien auch weitere begleitende Maßnahmen erwähnt. Denn gerade die Wärme der Füße und des unteren Bauches wirken wohltuend und entspannend auf die ableitenden Harnorgane. Außerdem ist es wichtig, sich warm anzuziehen, nicht auf kaltem Untergrund zu sitzen und beim Baden nasse Badebekleidung sofort zu wechseln.
Ebenfalls ein wichtiger Faktor ist die richtige Hygiene. Der Intimbereich benötigt einen sauren pH-Wert. Darum sollten Frauen mit erhöhtem Infektionsrisiko spezielle Waschlotionen mit einem niedrigen pH-Wert verwenden. Um unnötiges Einschleppen von Keimen zu vermeiden wird empfohlen, sich nach dem Toilettengang von vorn nach hinten auszuwischen. Vorteilhaft ist es auch, nach dem Sex sofort zum Wasserlassen zu gehen.
Auch Ruhe bringt Erleichterung
Als weitere Anwendung zur Begleitung sei die Ruhe genannt. Oft wird die Zystitis nicht ernst genommen und die Patientinnen gehen ihren gewohnten Tätigkeiten nach. Aber gerade die Ruhe bringt hier schnell eine Erleichterung. Mindestens 2 – 3 Liter warmen Tee, in den auch verschiedene Tinkturen oder Extrakte eingetropft werden können, ist hilfreich.
Leiden Frauen aufgrund von Restharn immer wieder unter Blasenentzündungen, empfehle ich, den Toilettengang in Ruhe auszuführen, sich kurz zu erheben und noch einmal hinzusetzen, um auch den Rest des Urins abfließen zu lassen. Das kann 2 – 3 Mal wiederholt werden. Diesen Tipp bekommen oft auch Frauen, die unter anderen Senkungsbeschwerden leiden.
Darmflora und Immunsystem
Die Sanierung der Darmflora und damit die Aktivierung des Immunsystems sind wichtige Begleiter bei der Behandlung von wiederkehrenden entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Um eine unnötige Therapie mit Antibiotika zu vermeiden und somit Resistenzen entgegenzuwirken ist eine alternative Behandlung von einfachen Harnwegsinfekten immer in Betracht zu ziehen.
Die unkomplizierte Zystitis kann gut mit natürlichen und pflanzlichen Mitteln behandelt werden. Eine Domäne der Naturheilkunde ist aber vor allem die Stärkung der körpereigenen Abwehr und die Regulation und Sanierung der Schleimhäute. Dadurch gibt es die Möglichkeit, nicht immer wieder an Blasenentzündungen zu erkranken.
Über die Autorin
Anja Holzknecht ist seit 2007 in ihrer Praxis als Heilpraktikerin tätig. Sie ist Dozentin für traditionelle Naturheilkunde an Heilpraktikerschulen und publiziert in verschiedenen naturheilkundlichen Zeitschriften. Verschrieben hat sie sich vor allem dem Zusammenhang von Darm, Haut und Hormonen. Bei femna Health ist sie Beraterin für hormonelle Beschwerden, Zyklusstörungen und Darmgesundheit.
Webseite: ich-sehe-sie-ganz.de
Quellen
Frauenheilbuch von Heide Fischer, Nymphenburger Verlag, 2004
Neue Therapiekonzepte für die Praxis der Naturheilkunde von Josef Karl, Pflaum Verlag München
Lexikon der Frauenkräuter von Magret Madejsky
Pflanzliche Tinkturen und Extrakte erfolgreich rezeptieren von Peter Zizmann
Pflanzenmonographien von Bernhard Kranzberger
Interdisziplinäre S3 Leitlinie (https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/043-044k_S3_Harnwegsinfektionen_2017-05.pdf)
Nutze die heilkräftigen Pflanzen von Dr. med. Ernst Schneider, Saatkorn Verlag GmbH, Hamburg 1963