Immer mehr Menschen leiden an einer Autoimmunerkrankung wie der Zöliakie, Vitiligo, Morbus Crohn oder Hashimoto Thyreoiditis. Von letzterer sind in Deutschland etwa 10 Prozent der Bevölkerung, darunter hauptsächlich Frauen, betroffen. Vielen Menschen ist tatsächlich mit der medizinischen Standardtherapie des betroffenen Organs gut geholfen. Bei ca. einem Drittel aber treten weiterhin unangenehme Begleiterscheinungen auf. In diesem Artikel soll der Fokus hauptsächlich darauf liegen, welchen Einfluss du mit deiner Ernährung auf den Verlauf einer Autoimmunerkrankung nehmen kannst und wie du allgemeine Begleitsymptome wie Müdigkeit, Kältegefühl oder Gewichtszunahme verbessern kannst.

Wie entsteht eine Autoimmunerkrankung?

Für die Entstehung einer Autoimmunkrankheit kommt nicht nur eine genetische Veranlagung zum Tragen. Es gibt noch viele weitere Faktoren, die begünstigend darauf einwirken bzw. dafür sorgen können, dass die Krankheit ausbricht bzw. immer wieder aufflammt. Im Prinzip ist all diesen Faktoren eines gemein: Sie torpedieren dein Immunsystem und sorgen für eine chronische Entzündungslage im Körper.  Durch diese ungünstige Schieflage des Immunsystems reicht dann manchmal die kleinste Kleinigkeit aus und plötzlich werden an sich völlig harmlose Stoffe oder eben körpereigene Zellen angegriffen.

Wie kommen diese „harmlosen Stoffe“ in deinen Körper?

Dem Darm kommt bei diesem Geschehen eine der Schlüsselrollen zu. Ist er gesund, kann er seine Rolle gut erfüllen: Durch die von bestimmten hilfreichen Bakterien besiedelte Schleimschicht, der Mucosa, wird das Eindringen von schädlichen Mikroorganismen verhindert und die daruntergelegene Darmschleimhaut ernährt. Die intakte Darmschleimhaut wiederum sorgt dafür, dass nur diese Stoffe in den Blutkreislauf gelangen, die da auch hingehören.

Erhöhte Darmpermeabilität und Störungen des Mikrobiom

Bei einer auffällig hohen Anzahl der an einer AID (auto-immune desease) Erkrankten kann  nachweislich eine Besiedelung ungünstiger Bakterien im Darm und eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut nachgewiesen werden. Daraus können sich Allergien und Unverträglichkeiten entwickeln.

Begleiterscheinungen

Wenn du unter Bauchschmerzen und Verdauungsproblemen leidest, wird es dich wohl nicht wundern, wenn ich dir sage, dass dies an eben diesen für dich unverträglich gewordenen Lebensmitteln liegen kann. Aber hättest du gedacht, dass auch Heißhungerattacken, Schmerzen im Bewegungsapparat und sogar psychische Probleme eine Reaktion deines Körpers auf diese Allergene sein können? Blöderweise sind die Symptome nicht nur unspezifisch, sondern treten auch nicht immer direkt nach dem Konsum von Lebensmittel X auf. Das macht es ziemlich schwierig, den Zusammenhang zu erkennen.

Hilfe ist möglich: Ernährung nach dem Autoimmunprotokoll

Wenn du nun gerne herausfinden möchtest, ob für dich unverträgliche Nahrungsmittel für deine Beschwerden verantwortlich sind, dann gibt es die Möglichkeit, dies in aufwändigen und teuren Laboranalysen festzustellen. Eine kostengünstigere Alternative dazu ist die Ernährung nach dem Autoimmunprotokoll. Dabei werden – angelehnt an die Paleodiät – einige Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen: Angefangen bei Industriezucker über Getreide, Pseudogetreide und Hülsenfrüchte, Milchprodukte und sonstige industriell verarbeitete Dinge werden zunächst gestrichen, was auch in der Steinzeit nicht auf dem Speiseplan eines Westeuropäers gestanden hätte.

Das klingt hart? Ja, es kostet sicherlich einiges an Disziplin. Doch Ziel ist es, nach und nach wieder ein verträgliches Lebensmittel einzuführen, um so deine individuell verträgliche Ernährung zu finden! Wenn das deine Beschwerden deutlich verbessert, ist es das doch wert oder?

Histamin

Ein weiteres Problem stellt für viele Menschen das Histamin dar. Es fördert Entzündungsreaktionen im Körper und die wollen wir ja gerade bei Autoimmunerkrankungen vermeiden.  Daher ist auch ganz ohne eine vorhandene Histaminintoleranz Vorsicht geboten bei stark histaminhaltigen Speisen wie Rotwein, Geschmortem oder Fermentiertem. 

Wie sieht die Ernährung praktisch aus?

Wenn du dich dazu entschließt, deine Ernährung im Sinne eines Autoimmunprotokolls umzustellen, dann stelle dich darauf ein, zukünftig viel Gemüse, Salat und Rohkost zu essen. Falls du Rohkost nicht gut verträgst, sind gekochte Salate oder Backgemüse eine sehr gute Alternative. Obst ist aufgrund des hohen Fruktoseanteils nicht optimal und sollte in nicht zu großen Mengen zugeführt werden. Eier werden zunächst ebenfalls gestrichen, denn sie sind erfahrungsgemäß ein häufiges Typ-1-Allergen – genauso wie Sellerie und Karotten. Ebenso fliegen alle Nachtschattengewächse aus dem Speiseplan, da deren enthaltene Agglutinine u.a. direkte Entzündungsreaktionen auslösen können.

Fast alle Verdickungsmittel spielen eine große Rolle bei der Entstehung eines „leaky gut“ – der erhöhten Durchlässigkeit der Darmschleimhaut für Fremdstoffe. Daher empfehle ich, auch diese aus dem Speiseplan zu eliminieren. Sie sind gerne in allen möglichen Ersatzprodukten enthalten und ersetzen Gluten und Ei. Für zwei bis vier Wochen solltest Du wirklich konsequent auf diese Ernährung umstellen. Wahrscheinlich sind Deine Beschwerden dann auch deutlich besser. Jetzt werden einzelne Nahrungsmittel nacheinander nach einem genau definierten Prinzip wieder eingeführt – so kannst Du herausfinden, was Du problemlos essen kannst und was nicht.

Besonders wichtige Einzelstoffe

Die Umstellung auf das Autoimmunprotokoll ist sicherlich nicht einfach. Du solltest dich gut darauf vorbereiten oder dich von jemandem begleiten lassen, der sich mit der Umsetzung auskennt. Ein paar Tipps habe ich für dich zusammen getragen:

1.

Die Fettsäuren

Der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren ist leider immer mehr zu Gunsten der entzündungsfördernden Omega-6-Fettsäuren gesunken. Es finden sich kaum noch Lebensmittel auf dem Speiseplan eines Westeuropäers, die den Bedarf an diesen entzündungshemmenden und für den Körper durchaus wichtigen Baustoffes decken könnten.

Doch auch wenn du genügend Omega-3-Fettsäuren zum Beispiel in Form einer Nahrungsergänzung zu dir nimmst, kann das einen viel zu hohen Konsum ihres Gegenspielers nicht aufwiegen! Daher gilt auch hier: Bitte meide diese so gut es geht. Ersetze beispielsweise Sonnenblumenöl durch Olivenöl oder Kokosfett.

 

2. 

Der Zuckerkonsum

Der stark eingeschränkte Zuckerkonsum im AIP ist wirklich ein Thema, das für sich alleine schon massive Probleme mit sich bringen kann. Spätestens seit meinem eigenen Zuckerentzug weiß ich, welches Suchtpotenzial er mitbringt. Doch es lohnt sich wirklich für jeden, den Zuckerkonsum deutlich einzuschränken, denn er kann im Körper großen Schaden anrichten.

Ganz auf Süßes musst du nicht verzichten, so kannst du beispielsweise Dattelsirup oder in geringen Mengen auch Erythrit als Alternative einsetzen. Auch Honig in Maßen ist in Ordnung.

 

3.

Proteinbedarf decken

Dein Proteinbedarf erhöht sich unter entzündlichen Prozessen auf 1,5 Gramm pro Kilogramm pro Tag. Da Proteine als wichtige Bausteine deines Körpers benötigt werden, solltest du also darauf achten, dass der Bedarf hier gedeckt ist. Dabei ist es ziemlich wichtig, einiges zu beachten:

Fleisch und Fisch

Fleisch ist ohne Frage eine gute Proteinquelle. Allerdings hat das herkömmliche Fleisch, das du im Supermarkt bekommst, neben den ganzen Stresshormonen noch einen hohen Gehalt an Omega-6-Fettsäuren, da die Tiere in konventioneller Haltung mit Getreide gefüttert werden. Du kannst auf Weiderind oder Wild ausweichen, diese Tiere haben durch die artgerechte Ernährung einen ausgewogenen Omega-3- zu Omega-6-Quotienten. Schweinefleisch vom Eichelschwein oder Iberico-Schwein stellt eine Alternative zu herkömmlichem Schweinefleisch dar. Hier solltest du aber auf die fetten Teile wie Speck lieber verzichten.

Bei Meerestieren kommt die zusätzliche Belastung mit Schwermetallen ins Spiel. Besorge deinen Fisch aus Bio-Aquakultur oder Wildfang und sei vorsichtig bei Muscheln, denn sie reichern Schwermetalle stark an. Außerdem gilt bei Fisch: Entweder fangfrisch gefroren oder sehr frisch, denn hier steigt der Gehalt an Histamin stark an, je älter er ist.

 

Du bist Vegetarierin/Veganerin? Dann brauchst du Proteinquellen

Etwas schwieriger wird die Versorgung mit Proteinen für Vegetarier oder Veganer. Hier ist es wahrscheinlich unumgänglich, auf ein gutes Ergänzungsmittel zurückzugreifen. Es gibt lectinfreies Erbsenprotein auf dem Markt, aber auch Hanfprotein oder Reisprotein sind mögliche vegane Quellen. Wenn du dir eine Aminosäuremischung mit den essentiellen Aminosäuren besorgst, dann achte bitte darauf, dass diese frei von Histidin, dem Grundbaustoff von Histamin, ist.

Du sagst, du verträgst keine Proteine?

Die Ursache ist am ehesten eine Dysbiose im Darm mit einer deutlichen Verschiebung der Darmflora. Hier kannst du mit intermittierendem Fasten schon einige positive Effekte erreichen: Durch die verlängerte Ruhepause für den Darm kannst du einer Fehlbesiedelung durch histaminbildende (oh ja, die gibt es im Rahmen einer Felhbesiedelung auch!) Bakterien entgegenwirken. Du entziehst ihnen schlicht und ergreifend ihr Futter. Sie sorgen nämlich für deine Symptome, denn ihre Nahrungsquelle sind Proteine, und sie machen Party in deinem Darm, sobald du anlieferst. Damit steigt insgesamt die Histaminlast in deinem Darm. Zudem werden durch intermittierendes Fasten auch bestimmte entzündungsfördernde Botenstoffe des Körpers gesenkt.

Zusätzlich dazu lass bei Proteinunverträglichkeit bitte bei ÄrztIn oder HeilpraktikerIn eine Darmfloraanalyse mit anschließender auf dich persönlich abgestimmter Therapie durchführen.

Du siehst also, wenn du Zeit und Disziplin aufbringst, auf deinen Körper zu hören und nun herausfindest, was er braucht und was du lieber vermeiden solltest, kann das sehr zu deinem Wohlbefinden beitragen.

Manchmal ist es einfacher, diesen Weg nicht allein gehen zu müssen. Falls du bei der genauen Umsetzung Hilfe benötigst, es gibt FachtherapeutInnen wie mich, die dich auf diesem Weg unterstützen und begleiten können.