In unserer heutigen schnelllebigen, aber auch stressigen Zeit, die sich für jede Einzelne ganz individuell darstellt, reduziert sich die Ausschüttung unserer Verdauungsenzyme und damit auch unseres Verdauungsfeuers (Agni). Wenn wir davon sprechen, geht es meistens um den primären Stoffwechsel, die Verdauungskraft, die in unserer Körpermitte sitzt. Agni ist dafür zuständig, dass unsere Nahrung verdaut und in Energie umgewandelt wird. Haben wir ein starkes Verdauungsfeuer, so haben wir einen gesunden Appetit, unsere Haut und Augen strahlen und wir sind voller Energie. In der indischen (Ayurveda) Medizin sowie in der chinesischen Heilkunde (TCM) werden bittere Pflanzenzubereitungen seit Jahrtausenden zur Heilung und Vorbeugung von Krankheiten eingesetzt.

Früher waren Bitterstoffe in zahlreichen Gemüse- und Obstsorten natürlicherweise enthalten, doch in den letzten Jahren züchtete man den bitteren Geschmack aus den meisten Pflanzen heraus. Uns mangelt es daher schnell an Bitterstoffen. Dagegen steht der süße Geschmack immer mehr im Vordergrund.

Bitterstoffe wirken nicht nur im gesamten Verdauungssystem

Überall kannst du lesen, dass sich Bitterstoffe positiv auf deine Verdauung auswirken. Aber wusstest du, dass sie auch eine kräftigende und anregende Wirkung bei Erschöpfungszuständen und bei vegetativ-funktionellen Störungen haben?

Darüber hinaus unterstützen sie das Immunsystem, den Säure-Basen-Haushalt und regulieren den Appetit. Sie helfen bei Verstopfung, aber auch bei Durchfällen.

Wie wirken Bitterstoffe?

Primär entfalten sie ihre Wirkung über die Zunge, darum sollten die Bitterstoffe bei der Einnahme kurze Zeit im Mund verbleiben. Sekundär wirken die Bitterstoffe durch die Freisetzung von Gastrin im Magen, sobald sie zusammen mit der Nahrung in den Magen gelangen. Gastrin stimuliert im oberen Magen-Darm-Trakt die Motorik sowie die Sekretion von Magensäure, Galle und Bauchspeicheldrüsenenzymen.

In meiner Praxis kann ich durch eine Stuhldiagnostik analysieren, welcher enzymatische Prozess bei dir funktioniert und welcher nicht. Genauer gesagt werden geprüft: Lipasen (Fett-spaltende Enzyme), Proteasen (Eiweiß-spaltende Enzyme) und Amylasen (Stärke-spaltende Enzyme).

Allgemeine Eigenschaften der Bitterstoffe

  • verdauungs- und sekretionsfördernd (gegen Appetitlosigkeit sowie Völlegefühl nach reichhaltigen Mahlzeiten)
  • regulieren die Verdauung (wirken gegen Verstopfung und Durchfall)
  • erhöhen die Sekretion der Enzyme in der Leber (insbesondere Entgiftung selbst und auch Ausscheidung der Giftstoffe)
  • verbessern die Durchblutung der Verdauungsorgane (damit kommt es zu einer gesteigerten Peristaltik und so wird die Nährstoffaufnahme verbessert)
  • immunstärkend (auch durch die verbesserte Durchblutung)
  • wirken entblähend und krampflösend
  • wirken gegen Darmparasiten und Darmpilze
  • optimieren Leberwerte und Blutfette
  • senken den Blutzucker

Was bedeutet der Bitterwert?

Bitterstoffe können chemisch gesehen unterschiedlichen Wirkstoffgruppen zugeordnet werden, die unterschiedliche Bitterwerte aufweisen. Hierzu zählen Alkaloide, Flavonoide, Saponine, Glucosinolate (Senföle) und Terpene. Bittermittel werden anhand ihrer Bitterkeit (Bitterwert) und den zusätzlich wirksamen Inhaltstoffen eingeteilt. Sie sind das Maß für die Bitterwirkung. Es wird dafür ein standardisiertes Verfahren eingesetzt, wofür eine wässrige Lösung von Chininhydrochlorid, dessen Bitterwert mit 200.000 festgelegt ist (quasi als Maß). Das bedeutet übertragen: 1 Gramm Chininhydrochlorid macht 200 000 Gramm Wasser (entspricht 2 l) bitter. Als bitterste natürliche Substanz wird das Amarogentin bezeichnet, ein Bitterstoff aus der gelben Enzianwurzel.

Am besten sind reine Bitterkräuter. Sie weisen die höchsten Bitterwerte auf und regen daher bereits in kleinsten Mengen die Verdauung an. Sie besitzen auch die kräftigste Wirkung auf die Sekretionsleistung der Verdauungsorgane. Hierzu gehören: neben dem gelben Enzian, Tausendgüldenkraut, Benediktinerkraut, Hopfen, Mariendistel, Artischocke, Löwenzahn.

Die unterschiedlichen Anwendungsgebiete von Bitterstoffen

Bitterkräuter als ätherische Öle:

Sie besitzen grundsätzlich die gleiche Wirkung wie reine Bitterstoffe, wirken aufgrund der darin enthaltenen ätherischen Öle zusätzlich antiseptisch, antibakteriell, antiparasitär, antimykotisch, entkrampfend und entzündungshemmend. Hierzu gehören: Basilikum, Rosmarin, Lorbeer, Estragon, Beifuß, Thymian, Kurkuma, Liebstöckel, Anis, Fenchel, Kümmel, Wermut, Schafgarbe, Benediktinerkraut, Engelwurz.

Bitterkräuter mit Scharfstoffe:

Neben Bitterstoffen enthalten Pflanzen auch Scharfstoffe welche die Peristaltik im Darm und die Durchblutung anregen. Sie wirken zudem Immun stärkend, keimtötend und blähungsreduzierend. Hierzu gehören: Ingwer, Kardamon, Galgant, Kurkuma. 

Bitterstoffe die Schleimstoffe enthalten:

Die enthaltenen Schleimstoffe beruhigen die Schleimhäute. Hierzu gehören: Isländisch Moos

Anwendung der Bitterstoffe

Die Anwendung der bitterstoffhaltigen Pflanzen und Gewürze hängen von der Art der enthaltenen Bitterstoffe ab. Schaue bei deiner Auswahl darauf.

Du willst deinen Darm fit machen:

Durch Fehlbesiedlung von Bakterien in unteren Darmabschnitten bilden sich oft Gase, Gärungssäuren und Fäulnisstoffe, welche die Leber stark belasten und zu Verdauungsstörungen führen. Durch passende Bitterstoffe werden diese Vorgänge verhindert oder beseitigt. Im Alter, bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien und Störungen des Mikrobioms (Darmflora) können Bitterstoffe daher eine wichtige Maßnahme sein, um ein gesundes Darmmilieu zu schaffen. Doch als Grundlage dient eine Stuhlprobe.

Du willst Lebensmittel mit gesunden Bitterstoffen integrieren:

Dann wähle regelmäßig Nahrungsmittel wie Chicorée, Endivie, Radicchio, Rucola, Brokkoli, Kohlrabi, grüner Tee, alte Apfelsorten (Boskop, Melrose), essbare Wildpflanzen wie Löwenzahn, Brennnessel, Giersch, Sauerampfer, Kurkuma, Ingwer und ein Leckerbissen: dunkle Schokolade (min. 80 %), ja sogar Kaffee (aber bitte Espresso) darf genossen werden. Zur Unterstützung der Bitterstofftherapie ist eine vorwiegend vegetarische und zuckerarme Ernährung mit vielen Kräutern und Gewürzen empfehlenswert.

Fazit der Bitterstofftherapie

Es ist ratsam, zuerst einen „Status quo“ zu bestimmen. Das bedeutet, über eine fachkompetente Beratung, Anamnese und Stuhldiagnostik herauszufinden, ob bzw. welcher Bitterstoff eingesetzt werden kann. Da es auch Kontraindikationen gibt, wie z. B. bei Gallengrieß oder Gallensteinen, ist es nicht ratsam, mit irgendwelchen Produkten einfach zu beginnen. Daher suche dir eine „darmkompetente“ Beratung und lass dir helfen.